Die Liebesblogger

Wie finde ich eine Paartherapie?

Vor einem Jahr hatten mein Mann und ich unseren ehelichen Tiefpunkt, eins kam zum anderen, und ich war dem Punkt so nahe, alles was wir uns bisher aufgebaut haben (2 Kinder, Haus) einfach aufzugeben. Wir meistern unseren Alltag, doch auf Paarebene ist noch nicht so viel möglich. Ich merke von meiner Seite, dass ich Schwierigkeiten habe, ihm körperlich nahe zu kommen (auch nur in Berührungen und Küssen). Schon damals war ich an dem Punkt zu sagen, wir sollten zu einer Paarberatung gehen. Mein Mann meinte zwar, dass er nicht glaubt, dass es uns helfen würde, da er das Problem eher in meiner psychischen Verfassung sah (er meinte ich kämpfe mit einer Depression, worauf hin ich zu einer Therapeutin gegangen bin, die nach der ersten Sitzung meinte, ich müsse zu einer Paartherapie), doch würde er mitkommen, wenn ich das unbedingt wolle.

Doch fällt es mir schwer, eine geeignete Adresse zu finden. Man möchte sich da nicht planlos durchprobieren und so eine Therapie ist nicht unbedingt günstig – ich bin mir sicher, dass meinen Mann diese Ausgaben sehr schmerzen werden. Wie erkenne ich eine brauchbare Paartherapie?

 

Ich muss mich zunächst einmal für die ganz wunderbare Frage bei Ihnen bedanken. Sie gibt mir die Gelegenheit, für die Paarberatung zu werben, die in Deutschland aus Gründen die mir nicht ganz klar sind gerne Paartherapie genannt wird.

Wenn ich in meiner Praxis sitze, vor mir ein Paar mit einer Ehekrise, dann ist es für das Paar beinahe immer die erste Ehekrise die sie erleben. Wie gut gelingt es Menschen eine Ehekrise zu meistern, wenn es ihre erste ist? Die Antwort auf diese Frage lautet: Schlecht. Sie haben damit keine Erfahrung – so einfach ist es schon. Keine Schuldzuweisung! Ich hingegen konnte in den vergangenen zwei Jahrzehnten schon hunderte von Ehekrisen miterleben, begleiten – und manchmal auch beenden. Wenn Sie in eine Paarberatung gehen, dann bezahlen Sie also in meinen Augen dafür, dass ein Experte oder eine Expertin sich mit Ihrer Krise beschäftigt. Jemand der mehr davon versteht als Sie.

 

Vermeide jede Scheidung

 

Das wäre jetzt eine gute Gelegenheit, etwas zum Preis einer Paarberatung zu sagen. Der Punkt scheint Ihrem Mann ja besonders wichtig zu sein. Ich habe mal mit einem Finanzexperten gesprochen. Sein wichtigster Rat in Finanzdingen lautet: Vermeide jede Scheidung.

Ich hatte schon Fälle in der Beratung, bei denen alleine die Anwaltskosten für die Scheidung über 50.000 Euro lagen. Der Gesamtschaden durch eine Scheidung kann, ist Vermögen vorhanden,  aber auch schnell weit über 100.000 Euro ausmachen. Und ich habe nur über den finanziellen Schaden gesprochen. Emotionale Kosten kommen da noch hinzu. In vielen Fällen wiegen die weitaus schwerer.

Die Kosten für eine Beratung sind in meinen Augen minimal, verglichen mit den Kosten einer Scheidung. Aber was soll ich als Paarberater auch anderes sagen!

 

Die Kosten einer Paarberatung

 

Eine Paarberatung die gut verläuft (und nicht nach ein oder zwei Sitzungen abgebrochen wird) dauert etwa 10 bis 15 Stunden. Das kostet sie zwischen 1.000 Euro und 4.000 Euro. Manche Kolleginnen und Kollegen nehmen mehr, andere weniger. Ist das viel Geld? Ich weiß ja nicht. Bei den meisten Menschen die zu mir kommen, liegt das Budget für einen einzigen Familienurlaub (einer von drei Urlauben im Jahr den sie machen) höher als der Preis der gesamten Paarberatung.

Das größere Problem bei einer Paarberatung sehe ich darin, die zu Ihnen (und Ihrem Mann!) passende Beratung überhaupt zu finden. Paarberatungen sind vom Konzept her sehr unterschiedlich. Ich als Berater weiß das – aber woher sollen Ratsuchende die das erste Mal nach so einer Hilfe suchen das wissen? Manche Beraterinnen und Berater sind sehr spirituell orientiert (was Männer oft abschreckt). Andere sind sehr rational (wie ich). Aber auch das passt nicht zu jedem der einen Rat sucht.

Und schließlich muss zwischen Ihnen (beiden!) und dem Berater oder der Beraterin die Chemie stimmen. Das ist nicht selbstverständlich. Aus diesem Grund scheitern viele Beratungen schon nach ein oder zwei Sitzungen. Das ist frustrierend für Paare – aber leider nicht zu ändern.

 

Was können Sie nun tun, um Ihren Mann zu einer Beratung zu bewegen?

 

Da ist selber Kolumnen schreibe und Bücher und zudem noch jede Woche einen Podcast mache, können Ratsuchende sich über mich sehr genau informieren, bevor sie sich entscheiden, zu mir kommen. Das hilft enorm. Wer mit mir und meiner Art nicht gut umgehen kann, der merkt das schnell. Wer nach dem Hören von drei Podcasts dagegen hellauf begeistert ist, der ist bei mir aller Voraussicht nach auch richtig.

Was können Sie nun tun, um Ihren Mann zu einer Beratung zu bewegen? Zunächst einmal können Sie auch ganz alleine in eine Paarberatung gehen. Das ist vielen nicht klar. Sie glauben, das ginge nur gemeinsam und nach einer gemeinsamen Entscheidung. Haben Sie den Termin vereinbart, können Sie ihn bitten mitzukommen (Ihnen zuliebe!). Oder Sie bitten ihn nach dem ersten oder zweiten oder dritten Termin, ein Mal zu einem Kennenlernen des Beraters oder der Beraterin zu gehen.

Ich schreibe regelmäßig Mails an Männer mit dieser Intention. Darin steht dann: „Ihre Frau ist bei mir in der Beratung wegen Paarproblemen. Es ist sehr schwer einen Menschen in Liebesdingen zu beraten, wenn man die Gegenseite gar nicht kennt. Könnten Sie sich vorstellen, mal zu einem Kennenlerntermin zu mir in die Praxis zu kommen?“ Nach so einer Mail sind nahezu alle bereit, zu mir zu kommen.

 

Vereinbaren Sie einen Termin und bitten Sie dann Ihren Mann mitzukommen

 

In den vergangenen 20 Jahren hat nur ein einziger Mann (und zwei Frauen) meine Anfrage rundweg abgelehnt. Solche Kennenlerntermine sind für mich als Berater sehr spannend. Man macht sich in den Sitzungen die man zuvor hatte ja ein Bild von der Person die nicht anwesend ist. Es ist nahezu immer unpassend. Oder zumindest nicht annähernd komplett.

Suchen Sie sich also bitte eine Paarberaterin oder einen Paarberater, der oder die gut zu Ihnen passt. Vereinbaren Sie einen Termin. Bitten Sie dann Ihren Mann mitzukommen. Und dann schauen Sie was passiert. Und wenn gar nichts hilft, dann gehen Sie eben alleine.

Es gibt noch einen ‚Trick‘, um ihn zu einer Beratung zu bewegen: Werden Sie deutlicher. Ich hatte im Laufe der Jahre schon viele Beratungen mit Paaren, bei denen der Mann erst dann zu einer Beratung bereit ist, als die Frau ihm eröffnet hat, dass sie ihn verlassen will. Das ist der absolute Klassiker in der Beratung und er hat dazu geführt, dass ich Frauen die alleine zu mir kommen immer mal wieder ermuntere, ihre vorhandenen Trennungsgedanken doch bitte offen auszusprechen. Das hat in meinen Augen auch etwas mit Ehrlichkeit zu tun und mit Fairness gegenüber dem Mann. Erwägt die Frau ernsthaft, ihren Mann zu verlassen, dann sollte er das wissen. Sonst hat er keine Chance, den Ernst der Lage zu begreifen. Und zu handeln.

 

Paarprobleme resultieren nahezu immer aus dem, was zwei Menschen tun

 

Zu dem Rat Ihres Mannes, Sie sollten doch bitte in eine Therapie gehen, weil Sie das Problem sind, möchte ich gerne noch eine Anmerkung machen. Mich freut es sehr, dass die Kollegin Therapeutin so souverän reagiert hat. Auch in meinen Augen ist das eine Fehldiagnose Ihres Mannes. Er will damit sagen: An mir liegt es nun wirklich nicht. Es ist also eine Form der Schuldzuweisung. An sie. Und das ist unschön. Und falsch ist es auch.

Paarprobleme resultieren nahezu immer aus dem, was zwei Menschen tun. Oder auch nicht tun. In aller Regel resultieren sie mehr aus dem, was zwei Menschen nicht tun beziehungsweise nicht mehr tun. Es fehlt in der Beziehung das gute Wort, es fehlt Anerkennung, es fehlt Wertschätzung und es fehlt Respekt. Es mangelt an Aufmerksamkeit für den Anderen und an ehrlichem Interesse an dem, was ihn, was sie beschäftigt. Wenn wir das in einer Partnerschaft nicht mehr bekommen, dann leiden wir unter Mangelsymptomen. Und werden schwierig. Oder wir vollziehen die innere Kündigung.

Lassen Sie es bitte nicht soweit kommen. Und handeln Sie.

 

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4 Kommentare

  1. Agnes

    Sehr informativer Beitrag, wieder was gelernt. Hätte nie gedacht, dass man auch erstmal alleine zu einer Paartherapie gehen kann. Danke!

    • Christian Thiel

      Das kann man zumindest bei mir. Ich habe mir das Verfahren mit dem Anschreiben der Partner von dem sehr geschätzten (und leider schon verstorbenen) Kollegen Dr. Bernd Frederich abgeschaut. Mein Dank geht an ihn.

  2. Kerstin

    Hallo, ich war mit meinem damaligen Mann in einer Paarberatung. Beide hatten wir einen guten Draht zum Berater. Sehr schnell hat sich für mich dann herausgestellt das ich mich wirklich trennen möchte. Ich für meinen Teil kann sagen, das es eine gute Entscheidung war einen Berater aufzusuchen. Mit seinen gezielten Fragen hat er mir geholfen klarer zu sehen. Es wäre sicherlich sinnvoll gewesen die Paarberatung eher aufzusuchen um die Beziehung wieder auf stabile Füsse zu stellen, dafür war es zu diesem Zeitpunkt aber schon zu spät.

    • Christian Thiel

      Man muss ganz ehrlich dazu sagen, dass viele Paare sehr spät in eine Paarberatung kommen. John Gottman hat bei seiner Forschung festgestellt, dass sie im Durchschnitt sechs Jahre nach Ausbruch der Krise nach Hilfe suchen. Das ist in vielen fällen (leider) zu spät.
      Mir als Berater bleibt dann auch oft nichts anderes übrig, als ein Paar dazu zu bewegen, möglichst friedlich auseinander zu gehen – und dann aus den Fehler die sie gemacht haben zu lernen. Beides ist wichtig. Es hilft nicht, mit dem Finger auf den anderen zu zeigen und zu sagen: Du bist Schuld. Wir müssen klar zugeben: Wir beide haben es nicht geschafft. Und dann müssen wir dafür sorgen, dass wir es beim nächsten Mal besser hinbekommen. Und bei beidem kann eine Paarberatung helfen.

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