Die Liebesblogger

Paartherapie von innen 03: Worte – Bilder – Wirksamkeit

Foto: Ines Borchart 2017

Formulierungen sind unglaublich wichtig. Natürlich verläuft ein Gespräch ganz anders, wenn ich meinen Lieblingsmenschen nicht einfach mit meinem Frust und meinen Klagen über sein Verhalten überfalle. Sondern wenn ich bereit bin, mich zu beruhigen und freundlich zu fragen, wann dieser Mensch Zeit hat, mit mir über etwas zu sprechen, was mir wichtig ist. Und eine meiner Lieblingsformulierungen, falls meine Bitte auf Ablehnung stößt („jetzt nicht!“), lautet: „Alles klar. Wann dann?“

 

Akzeptanz – was genau ist damit gemeint?

Auch in meiner Arbeit versuche ich sehr, darauf zu achten, wie ich etwas sage.

1. Äußert jemand theoretische Konzepte wie Respekt, Akzeptanz, „Gesehen werden“, werde ich immer wieder nachfragen. Solange, bis das Bild eines beobachtbaren Verhaltens entsteht, in dem sich dieses Konzept ausdrückt – und vor allem SPÜRBAR wird. Am Ende sprechen wir nicht über „Respekt“, sondern darüber, wer wann und vor allem mit welchem Gesichtsausdruck die Spülmaschine ein und ausräumt.

2. Abstrakte Gefühle formuliere ich um in einfache Wörter, die sofort körperlich erlebt werden. Frustration ist ein Mischung aus Enttäuschung und Ärger. Resignation kann eine Mischung aus Enttäuschung und Ohnmacht sein. Oder auch Hoffnungslosigkeit mit unterdrückter Wut.

3. Ängste und Bedürfnisse lassen sich so formulieren, dass sie innerlich etwas auslösen, am liebsten so, dass sie über Bilder eine Körperreaktion bewirken. Statt „Das sind meine Verlustängste“ erarbeite ich einen Satz wie: „Zeig mir, dass ich dir wichtig bin!“ oder „Schließ mich nicht aus!“ oder „Gib mir die Sicherheit, dass ich wertvoll und wichtig bin!“

Nicht das, was fehlt, ist ein Problem. Sondern das, was stattdessen anwesend ist.

4. Verneinungen versuche ich, möglichst IMMER umzuformulieren. Ich habe von David Schnarch gelernt, dass nicht das, was gefehlt hat, die Menschen verletzt oder ihnen schadet. Sondern das, was da = anwesend ist. Insofern bleibe ich bei Formulierungen wie „Ich fühle mich nicht gesehen“ so lange dran, bis deutlich wird, worum es geht: „Ich brauche etwas von dir, und du weißt das auch. Aber du lässt mich zappeln und zeigst mir, dass alles andere wichtiger ist als ich.“

5. Ich versuche mindestens eine schwierige Situation zwischen den beiden Ratsuchenden vor mir so genau zu erfragen, dass ich sie wie einen Film vor mir sehen kann. Inklusive Gesichtsausdruck, Gestik, Tonfall… Ich will sowohl das innere Erleben wissen, die Gefühle, die Bedürfnisse, aber genauso muss ich verstehen, wie jemand das Verhalten des anderen wahrgenommen und eingeschätzt hat. Und ich will wissen, was jeder ganz konkret getan hat, und wie. Letztendlich ergibt das ein Drehbuch mit einfachen und anschaulichen Worten, welches dann allen drei Personen im Raum zur Verfügung steht. Nur dann wird deutlich, was wirklich zwischen den beiden passiert. Und wer – wenn er/sie es denn wollte – etwas verändern kann.

Mut machen. Oder entmutigen. Die Formulierung macht den Unterschied

6. Wann immer ich jemand mit einer harten Wahrheit konfrontiere, und dieser Mensch bereit ist, sich dem zu stellen, arbeite ich daran, ermutigende Formulierungen zu finden. Formulierungen, die an der Stärke und dem Mut ansetzen, und die einladen, diesen neuen ehrlichen Weg weiterzugehen. Und ich befürchte, dass ich das noch viel zu wenig gut tue. Insofern ist das meine aktuelle Herausforderung und Trainingsaufgabe in den Beratungen.

Warum ist das wichtig? Weil Menschen nur dann bereit sind, ihr Verhalten zu verändern, wenn sie wirklich sehen, was sie gerade tun. Solange sie nur darüber sprechen, wie verzweifelt und in Not sie in der letzten Auseinandersetzung waren, erleben sie sich ohnmächtig und als Opfer. Sobald sie die Verantwortung dafür übernehmen, dass sie sich in ihrer Not berechtigt fühlen, das Gegenüber runterzuputzen und fertig zu machen, entsteht ein Spielraum. Weil sie sich fragen: Will ich so ein Mensch sein? Und wenn ich das nicht will, was hilft mir, anders zu reagieren?

Und auch hier arbeite ich wieder mit sehr konkreten Bildern. Bilder, die sich gut anfühlen, die motivieren, dranzubleiben, und die eigenen eingespielten Gleise zu verlassen. Das macht die Veränderung einfacher.

 

Wirkung von Sprache in der Politik: https://www.tagesspiegel.de/medien/sprachforscherin-elisabeth-wehling-wir-gehen-trump-immer-noch-auf-den-leim/19345710.html

https://www1.wdr.de/wissen/mensch/trump-sprache-analyse-100.html

Warum es wichtig ist, nicht nur den Verstand, sondern über bildhafte Sprache auch den „Bauch“ zu erreichen:

2 Kommentare

  1. Regine Wacker

    Super Artikel. Genau so ist es.

  2. reinhard

    Den Ausführungen von Berit Brockhausen habe ich beim Lesen innerlich sehr zugestimmt.

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