GASTBEITRAG von ANN-MARLENE HENNIG zu ihrem neuen Buch: Männer

 

Ein Mann sagte in der Paartherapie zu seiner Frau: «Wenn ich nichts

anderes sage, dann liebe ich dich noch.» Nicht wenige Menschen

schweigen, wenn es um ihre Gefühle geht. Sie haben es so gelernt,

es fällt ihnen einfach schwer, emotionale Dinge an- und auszusprechen.

Das Gespräch ist jedoch grundlegend für unser Verständnis von uns

selbst und anderen. Es ist wichtig zu wissen, wer man ist, und genauso

wichtig ist es, Worte dafür zu finden, wie es einem geht. Durch intensive

Gespräche bauen wir Vertrauen und Intimität auf, psychologische

Intimität. Gerade sie ist von Bedeutung, um Liebe zu spüren.

Was bedeutet Liebe für Sie?

 

Schauen Sie sich die nachfolgenden Fragen an. Suchen Sie dabei

nicht nach der «richtigen» Antwort – denn die gibt es nicht.

Was fällt Ihnen spontan zu den Fragen ein?

  • Was ist für Sie Liebe? Wie fühlt es sich an, zu lieben? Spüren

Sie es wie ein Gefühl, als etwas Physisches und / oder Sexuelles?

Ist es ein Gefühl der Zweisamkeit, ein Du-und-ich-Gefühl?

Oder etwas ganz anderes? Wo spüren Sie es im Körper?

Ist es ein Prickeln in der Brust? Oder sorgt es für ein Kribbeln

im Magen?

  • Wie erleben Sie den Zusammenhang zwischen Liebe und Sex?

Ist eins wichtiger als das andere? Sollte man nur Sex haben

mit jemandem, den man liebt?

  • Wie würden Sie Ihr Verhältnis zu Ihrem Körper und Ihren

Geschlechtsteilen beschreiben? Rasieren Sie Ihren Intimbereich?

Wenn ja, warum? Und wenn nein, warum nicht? Könnte

Ihr Penis etwas weniger krumm sein? Oder länger? Lieben Sie

Ihren Körper? Ist er genau richtig?

  • Wie würden Sie Ihre Sexualität beschreiben? Hängt sie sehr

an Ihrem Genital? Oder bezieht sie den ganzen Körper mit

ein? Bringt Ihre Sexualität Freude, oder nagt etwas an ihr?

 

Wird Ihre Männlichkeit dadurch unterstützt? Ist Ihre Sexualität

sehr lebendig? Oder im Dornröschenschlaf?

Je besser Sie sich selbst kennen, desto einfacher und lustiger

wird es, emotional und sexuell mit anderen in Kontakt zu treten.

Sie können Grenzen besser setzen – und sich auch leidenschaftlich

in etwas hineinstürzen.

 

Sie sind ein Mann, und Ihnen kommt auf der Straße eine tolle Frau

(oder ein smarter Typ) entgegen. Reagieren Sie so, dass man Ihnen

anmerkt, dass Sie diese Person klasse finden? Halten Sie kurz inne und

hoffen, dass der andere in Ihre Richtung sieht? Vielleicht regt sich auch

etwas in Ihrer Hose, ein Pochen beginnt und Ihre Erektion klopft an,

erinnert Sie daran, was Sex für Sie bedeutet. Dahinter steckt aber viel

mehr als das: Reaktionen und Handlungen eines Menschen sind das

Ergebnis komplizierter Interaktionen zwischen Gedanken, Gefühlen

und dem Körper. Ihr Verhalten entsteht nicht aus dem Nichts heraus,

sondern wird von bestimmten Reizen in Gang gesetzt. Interessant

dabei: Unsere Handlungen haben Einfluss auf unser Selbstbild, unser

Aussehen, unsere Beziehungen, unsere Fähigkeiten im und außerhalb

des Schlafzimmers sowie auf unser Verhältnis zu Sexualität und Liebe.

Sie können helfen, all das konstruktiv aufzubauen, aber sie können all

das auch zerstören.

 

Welche Handlungen jedoch sind es, die unsere Sexualität beeinflussen?

Rasiert sich ein Mann im Intimbereich, kann es sein, dass

es ihm besser mit seinem «Ding» geht, weil es nun optisch größer

erscheint. Stemmt ein Mann im Fitnessstudio Gewichte, fühlt er sich

womöglich ein wenig wie der britische Actionheld Jason Statham; es

stärkt sein Männlichkeitsgefühl. Ihre Verhaltensweisen sind oft das

Resultat Ihrer inneren Überzeugungen und Lebensregeln. Erzählen

Sie zum Beispiel immer wieder, wie schön Sex ist, werden Sie

wahrscheinlich beim Live-Act auch mehr davon haben. Ist

Selbstbefriedigung für Sie mit Scham besetzt, berühren Sie sich

aus diesem Grund nur schnell und flüchtig, so werden sich Ihre Kenntnisse

vom eigenen Körper in Grenzen halten und anders sein, als wenn Sie

Selbstbefriedigung wundervoll finden. Sie haben sich geschworen, nie

wieder untreu zu sein, und sind es dann aber doch wieder geworden.

Was macht das mit Ihnen? Sie haben Gewicht verloren, weil Sie

mindestens dreimal pro Woche zum Sport gehen? Wie geht es Ihnen

damit? Sind Sie stolz auf sich? Macht sich das bei Ihrer sexuellen

Ausstrahlung bemerkbar?

 

Es ist wichtig, dass Sie entsprechend Ihren eigenen Überzeugungen

handeln. Ihre sexuellen Handlungen wirken bei Ihrer Identitätsfindung

mit, und Sie sollten sich gut dabei fühlen. Sie können allerdings

sowohl aus schönen als auch aus weniger tollen Erfahrungen lernen.

Sie haben zwei Tage lang nicht geduscht, trotzdem sind Sie ausgegangen

und haben Sex gehabt, bei dem Sie aber nicht bei der Sache waren.

 

Und Ihr Date hat jetzt keine Lust, Sie wiederzusehen, irgendwie trifft

Sie das. Sie haben Analsex zugestimmt, obwohl Sie es nicht mögen,

und fühlen sich jetzt benutzt, dabei hätten Sie nur ablehnen müssen.

Wie machen Sie es beim nächsten Mal? Lernen Sie daraus!

 

Tal Ben-Shahar, in Israel geborener und in Harvard ausgebildeter Psychologe,

sagte einmal: «Wir lernen, um Fehler zu machen, und wir machen

Fehler, um zu lernen.»

 

Mehr lesen:

 

 

 

Mehr sehen:

 

Interview mit Ann-Marlene Hennig auf Sat1.