Die Liebesblogger

„Iss nicht so viel Dickerchen“

Mein Partner und ich waren auf einer Feier. Es gab Kaffee und Obsttorte. Als ich mir noch ein zweites Stück genehmigte, sagte mein Partner auf einmal zu mir: „Iss nicht so viel Dickerchen“ (sicher habe ich etwas mehr auf den Rippen). Meiner Tochter gefiel dies überhaupt nicht und sie hat sich dazu geäußert. Ich habe in dem Moment nichts gesagt. Nun sagt mein Partner, dass sie eine schlechte Erziehung hat. Es gehörte sich nicht, dass der Gastgeber einem Gast seine Meinung sagt. Seine Reaktion ist folgende: ihre Telefonnummer wurde aus seinem Handy gelöscht und er will auch keinen Kontakt mehr mit ihr. Er wollte meine Meinung dazu. Ich sagte, dass ich es akzeptiere, aber total überzogen finde. Darauf kam, ich solle mir überlegen zu wem ich halte. Am liebsten wäre es ihm wenn ich überhaupt keinen engen Kontakt zu meiner Tochter hätte und nur für ihn da wäre.

 

Zunächst einmal muss ich jetzt etwas Luft holen und tief durchatmen – ehe ich Ihnen jetzt meine Meinung sage: Was haben Sie da nur für einen unhöflichen Mann kennengelernt! Erst putzt er Sie in aller Öffentlichkeit für ein Stück Kuchen herunter. Dann macht er Ihre Tochter schlecht, die allem Anschein nach das Herz auf dem rechten Fleck hat und den Mut, Ihrem Partner die Meinung zu sagen. Und am Ende ist in seinen Augen natürlich Ihre Tochter die Böse. Und Sie sagen zu ihm, dass Sie sein ungehobeltes Verhalten akzeptieren. Jetzt atme ich nicht mehr tief durch – jetzt bin ich sprachlos.

Ich kann Ihnen nur zu folgendem raten. Erstens: Sie bestehen darauf, dass Ihre Tochter genau richtig lag – und er falsch. Vor allem gegenüber Ihrer Tochter sollten Sie das unbedingt klarstellen, sonst könnte Ihr Verhältnis zu ihr Schaden nehmen.

 

Es geht um grundlegende Regeln der Höflichkeit in einer Beziehung

 

Zweitens – Sie sagen Ihrem Partner freundlich aber bestimmt, dass Sie so nicht weiter behandelt werden möchten. Nicht in der Öffentlichkeit und nicht unter vier Augen. Er darf – wenn Sie damit einverstanden sind – höfliche Vorschläge machen, wie Sie auf Ihr Gewicht achten können. Vielleicht braucht er selber beim Gewicht ja auch eine Veränderung und Sie können beide einen Plan machen, wie Sie es zusammen schaffen.

Wenn er das nicht will, dass dürfen Sie ihm genau so freundlich aber bestimmt sagen, dass Sie so keine Partnerschaft führen möchten. Es geht ja nicht nur um das Stück Kuchen – sondern um grundlegende Regeln der Höflichkeit in einer Beziehung. Ihr Partner darf sich Veränderungen wünschen. Kein Problem. Er darf Sie um Veränderungen bitten. Auch kein Problem. Er darf Sie allerdings weder belehren noch beschämen. Und das hat er getan.

Sie selber haben möglicherweise nicht gelernt zu sagen, was Sie stört und womit es Ihnen nicht gut geht. Dann fangen Sie bitte jetzt damit an. Ohne Vorwurf an die Adresse Ihrs Partners – aber mit deutlichen Worten. Ihre Tochter hat gespürt, dass das nötig ist. Dafür dürfen Sie sie gerne loben. Und es ihr nachmachen.

 

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9 Kommentare

  1. Sabrina

    Beim Lesen des Artikels bin ich richtig wütend geworden. So ähnliche Verhaltensweisen kenne ich aus früheren Beziehungen. Und sowas werde ich nie wieder akzeptieren beziehungsweise hinnehmen. Danke für die klare Stellungnahme zu dem Thema.

    • Christian Thiel

      Ja, die Überheblichkeit des Mannes ist schon sehr arg. Ich bin aber auch traurig geworden – wegen der Tochter. Die Beziehung zur Tochter zu gefährden (und das macht die Frau), das fand ich doch ziemlich traurig.

  2. Hilde

    Was für eine Geschichte, was für eine zwischenmenschliche Tragödie!
    Dieser Mann ist ein Narzisst, möchte die Frau neben sich beherrschen und einen Keil zwischen Mutter und Tochter treiben.
    So etwas würde ich mir überhaupt nicht gegallen lassen. Ich hätte ihm vor allem anderen Gästen wohl die Meinung gesagt. Mir ist das früher auch einmal passiert, ich hatte auch den Mund gehalten, das wird nie wieder passieren. Es gibt Menschen die das alles hin nehmen, weil sie nicht alleine sein können. Sie lassen sich dann lieber beleidigen und gängeln!!!

  3. Susanne

    Danke für die Geschichte, es ist immer wieder glaublich was Frauen sich in Beziehungen gefallen lassen. Danke auch für die Erläuterungen. Ich folge gerne diesem Blog. Sehr hilfreich für die eigene Beziehung.

  4. N

    Ich habe über 30 Jahre mit einem Mann gelebt, dessen Bemerkungen über die Jahre immer unverschämter und verletzender wurden. Er überzeugte mich davon, dass ich keinen Humor habe und diese Bemerkungen nur lustig sein sollten. Ich habe dies geglaubt. Nun leben wir getrennt und ich kann kaum glauben, dass ich davon überzeugt war das Problem zu sein!

  5. Kati

    Hallo N, ich kenne das sehr genau. Ich bin auch das Problem meines Mannes. Bis ich merkte, in welchem ungesunden Konstrukt ich steckte, vergingen Jahre. Ich habe andere Menschen gefragt, wie ich bin, um mich nicht zu verlieren. Es ist schlimm, in so einer Beziehung zu sein… und noch schlimmer, nicht raus zu finden. Liebe Grüße K.

  6. Hilde

    Ich denke, um aus so einer Verbindung heraus zu finden muss man ins kalte Wasser springen! Man muss sich neu organisieren um wieder in Ruhe und Frieden leben zu können!

  7. Vivi

    Mal wieder wunderbar klare Worte, ohne psychologisches Geschwafel über Beweggründe aller Beteiligten. Gefällt mir!

  8. Dorothee

    Ich bin so glücklich zu lesen, dass es auch noch Männer wie Sie, lieber Herr Thiel, gibt.
    Hab ein ganz ähnliches Problem, wie das hier geschilderte, in meiner narzisstischen Herkunftsfamilie. Ich habe mich durch jahrzehntelange Einnahme von Psychopharmaka- unter anderem nötig geworden um die schweren Depressionen, die unter anderem diese Familie ausgelöst hat, ertragen zu können- vom Gewicht her leider verdoppelt, von 55 kg auf etwas über 100 kg und jetzt quält mich diese Familie(= Eltern inklusive Bruder) noch zusätzlich mit genau dieser Tatsache…, wobei mein Bruder, ein maligner Narzisst, mit einem behandlungsbedürftigen Verhältnis zu Frauen ( = Diagnose meiner Psychiaterin) besonders unerträglich auftritt und sich Dinge erlaubt, die man kaum schildern kann. Er agiert an mir seinen Frust und seinen Sadismus aus. Geschützt, bzw ermutigt von meinen Eltern. Wenn ich da ins Detail ginge, wäre mit Sicherheit die überwiegende Reaktion: warum lässt du dir das auch bieten?! Das frage ich mich auch; bin nämlich eigentlich ein stolzer Mensch. Ich war wohl so etwas wie verblendet und gehirngewaschen. Habe gedacht, einen anderen Umgang mit mir hätte ich eben nicht verdient. Und ja, mir fällt der Widerspruch zwischen meiner Behauptung, ein stolzer Mensch ( eigentlich) zu sein und meiner geradezu ‚masochistischen‘ Duldungsstarre mit der ich dieses Verhalten hingenommen habe, auf…. Aus diesem Zustand der Gehirnwäsche bin ich erst vor ca einem Jahr erwacht. Bin aber leider finanziell von meinen Eltern abhängig, ausserdem ( wohl auch ) ziemlich schwer traumatisiert…ein wirklicher wirklicher Teufelskreislauf….finde keine eigene bezahlbare Wohnung etc etc; die äußeren sozialen Umstände haben sich ja in den letzten Jahren sowas von verschärft….muss also wohl noch in diesen Verhältnissen irgendwie durchhalten.

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