„Bei meinem Mann läuft es immer nur auf das Eine raus.“ Wenn Ihre Frau so über Sie denkt, müssen Sie sich nicht darüber wundern, dass Sie oft einen Korb bekommen.

Wer davon ausgeht, dass jede körperliche Annäherung des Partners auf Sex hinausläuft, der kann mitunter recht angespannt sein, wenn sich der Andere ihm nähert. Besonders, wenn man selbst gerade keine Lust auf Sex hat. Dann kommt man in eine Hab-acht-Stellung und wacht mit Argusaugen über jede Bewegung des Partners. Immer auf dem Sprung sofort reagieren zu können. Nicht, dass da was passiert, was man selbst nicht will. Das strengt an.

 

Sicherheitsabstand ist auch nicht die Lösung

 

Einfacher erscheint es da für die ein oder andere auf den ersten Blick, schon mal von vornherein Sicherheitsabstand zu halten. Quasi vorsichtshalber. Man zieht sich also insgesamt körperlich vom Partner zurück. Aus dem einfachen Grund, dass man auf den Stress der Hab-acht-Haltung, dieses Ständig-in-Alarmbereitschaft-sein keine Lust hat.

Unter diesem Lösungsansatz leidet allerdings die Beziehung. Genau so wie in anderen Lebensbereichen auch, ist es total normal, wenn Partner unterschiedliche sexuelle Bedürfnisse haben. Deshalb geht es beim Thema Sex wie bei jedem anderem Bedürfnisthema darum, als Paar mit den verschiedenen Bedürfnissen einen guten Umgang zu finden.

 

Überprüfen Sie Ihre Einstellung

 

Wenn sich Ihre Frau körperlich von Ihnen zurückzieht, sollte Sie das also nachdenklich werden lassen. Ich empfehle Ihnen Ihre Einstellung auf drei Aspekte hin zu überprüfen.

1. Nein heißt nein

Ein Nein ist ein Nein. Dass daran nicht herumgedeutelt wird, ist eine wichtige Sache. Ein Stopp des Partners muss gehört und geachtet werden. Tun Sie das?

Das Schwierige hierbei ist, dass Menschen im Bereich der Sexualität schneller zum Moralisieren neigen als in anderen Lebensbereichen. Sagt z.B. einer Nein zum Museumsbesuch wird es nicht verurteilt, wenn der Andere nochmal einen Versuch macht, ob er dem Partner die Idee vielleicht doch schmackhaft machen oder mit ihm verhandeln kann. Solch eine Kultur des Verführens darf es auch im Bereich der Sexualität für Paare geben, wenn das Zusammenspiel von Jas und Neins insgesamt klappt.

Bevor Sie aber mit einem Werben für Ihr Bedürfnis loslegen, sollten Sie sich sicher sein, dass Ihre Frau den Eindruck hat mit ihrem Nein gehört zu werden. Sprich, sie hat innerlich die Gewissheit, dass Sie ihr Nein jederzeit respektieren.

 

2. Geradewegs aufs Ziel zu, kann das vorzeitige Aus bedeuten

Häufig beschreiben Frauen das Problem so: „Er umarmt mich und dann rutscht die Hand langsam aber sich in Richtung Hintern oder Busen.“ Wenn Sie bislang der Typ „Ich-nehme-die-kürzeste-Route.“ waren, sollten Sie wissen, dass der Weg von Mensch zu Mensch verschieden ist, wodurch man sich körperlich auf den Partner einlässt.

Die einen sind eh sehr körperbetonte Typen. Sie öffnen sich über den Körperkontakt auch emotional für den Partner. Die nächsten sind mehr Kopf- oder Bauchmenschen und brauchen ein Gefühl von Respektiert-werden oder Gesehen-werden, um sich körperlich auf den Anderen einlassen zu können. Sie wollen vorab ein Interesse an ihnen als Mensch spüren. Sie brauchen den Austausch über das, was Innen drin in einem vorgeht, um auch körperlich Nähe zuzulassen. Oder es bildet eine miteinander geteilte Gemeinsamkeit die Brücke zu einer Begegnung auf körperlicher Ebene, wie zum Beispiel ein gemeinsam verbrachter Tag.

Als Partner sollten Sie sowohl von sich, als auch von Ihrer Frau wissen, auf welche Weise es am Leichtesten für jeden von Ihnen funktioniert sich körperlich einzulassen.

3. Körperlichkeit ist nicht nur Sex

Sex ist nur eine Form von körperlicher Begegnung. Und wenn ich von Sex spreche, meine ich nicht bloß den reinen Geschlechtsakt, sondern Alles was im Entferntesten mit Erotik zu tun hat.

Eine andere Art von Körperlichkeit zwischen Partnern ist rein asexuell: die liebevolle Zuwendung. Manchmal wollen Menschen vom Partner körperlich nicht als Frau oder Mann sondern schlichtweg als Mensch behandelt werden. Man sucht über den Körperkontakt nach Wärme, Geborgenheit und Sicherheit. Eine tröstende Umarmung, ein Anlehnen an eine starke Schulter oder ein zärtliches Tätscheln des Armes vermitteln dann „Du bist nicht alleine.“ Es ist eine Art von Fürsorglichkeit, die man zwischen Eltern und Kindern kennt. Auch Erwachsene untereinander nährt solch ein liebevoller, asexueller Umgang. Und es kann sich ziemlich doof anfühlen, wenn man Wärme sucht und Sex kriegt. Haben Sie also im Blick, dass Sie Ihrem Partner auch asexuelle, liebevolle Zuwendung geben.

Veränderung ist ein Prozess 

Erwarten Sie bitte nicht zu schnell Veränderungsresultate in Sachen Sex, wenn Sie Ihr Handeln ändern. Schließlich muss Ihre Frau erstmal mitkriegen, dass sich was an Ihrer Einstellung tut. Außerdem ändern sich Bedürfnisse nicht automatisch, wenn der Partner auf einen eingeht. Bemerkt der Andere aber, dass es nicht mehr nötig ist, ständig in der Obacht-Haltung zu sein, kann er anfangen sich zu entspannen. In dieser Haltung entsteht überhaupt erst der Raum dafür sich auf den Partner einzulassen.

 

 

Petra Nordhaus ist systemische Therapeutin und arbeitet als Paarberaterin mit Paaren und mit Einzelnen in Bremen (petra-nordhaus.de).

 

 

 

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