Die Liebesblogger

Sie sind der Zweitmann

Ich (47, Vater von 3 Kindern) bin seit zwei Jahren mit einer neuen Frau  zusammen. Ich habe vorher noch nie eine so intensive Liebe zu einer Frau empfunden. Sie gibt mir das gleiche Gefühl zurück. Sie lebt seit 16 Jahren in einer Beziehung und möchte sich nicht trennen. Nach Ihrer eigenen Aussage lebt sie dort eine wunderschöne Beziehung, bei der allerdings seit einiger Zeit die Sexualität brach liegt. Sie bezeichnet sich selbst als polyamorös und meint, dass Monogamie eine Lüge wäre und nicht der menschlichen Natur entspräche. Ich träume von einer gemeinsamen Zukunft. Sie möchte ihre „alte“ Beziehung nicht aufgeben, mich allerdings auch nicht verlieren. Meine Frage: Ist Polyamorie tatsächlich die „wahre“ menschliche Natur?

 

Ich fürchte, ich muss da etwas klarstellen: Sie sind der Lover einer Frau, die seit 16 Jahren fest gebunden ist. Früher sagte man dazu, Sie sind der Geliebte. Oder der Zweitmann. Heute adelt man solche Konstruktionen mit dem Begriff der Polyamorie. Das ist für mich alter Wein in neuen Schläuchen. Der Grund für die aushäusigen Aktivitäten ihrer Geliebten liegt auf der Hand: In ihrer Ehe ist der Sex eingeschlafen. Warum das so ist, das ließe sich herausfinden. Und ändern. Aber dieser Weg ist Ihrer Geliebten zu anstrengend. Also verliebt sie sich – in einen Zweitmann.

Mit Polyamorie hat das alles nichts zu tun. Polyamorie setzt voraus, dass Sie wie auch der Partner der Frau ebenfalls polyamor leben wollen. Das ist aber nicht der Fall. Etwa ein bis zwei Prozent der Menschen in Deutschland leben polyamor. Der Rest zieht die Monogamie vor, was aber, zugegeben, nicht allen auch gelingt.

Nein, Polyamorie ist nicht die „wahre“ menschliche Natur. Gerade wenn man eine Familie gründen will, braucht es verlässliche Strukturen.  Polyamorie kann nur gelingen, wenn alle Beteiligte sie wollen. Sie wollen das nicht – und ich kann Ihnen keine Hoffnung machen, dass sich das „lernen“ lässt.

 

Ein Dreiecksverhältnis bleibt nur selten stabil

Sie wünschen sich eine Frau, die sich für Sie und für eine verlässliche Beziehung mit Ihnen entscheidet. Bei der Frau die Sie kennengelernt haben ist das anders. Weil sie sich nicht entscheiden will, nennt sie sich polyamor. Polyamorie heißt aber auch, dass es offene Absprachen gibt. Weiß der langjährige Partner von Ihnen? Oder macht Ihre Geliebte ihm auch etwas vor?

Ein Dreiecksverhältnis wie das Ihre bleibt nur selten über die Jahre stabil. Zumeist geht es mit der Zeit wieder auseinander. So wird es vermutlich auch bei Ihnen gehen. Aus Sicht der Frau deren Zweitmann Sie sind, kann Sie sich durch eine Entscheidung für einen von Ihnen beiden nicht verbessern. Sie fährt mit zwei Männern am besten.

Warum Sie sich allerdings überhaupt mit einer gebundenen Frau eingelassen haben, das hat mich bei Ihrer Frage fast am meisten interessiert. Ich habe dazu eine Annahme: Männer (und Frauen) die aus langjährigen Beziehungen kommen, wollen sich anschließend manchmal nicht gleich wieder fest binden. Sie suchen lockere Verbindungen. Und leidenschaftlichen Sex. Beides bot Ihr derzeitiges Verhältnis. Was es allerdings nicht bieten kann, das ist Stabilität und Verbindlichkeit. Wenn Sie das wollen, dann müssen Sie anderswo suchen. Und sich nicht mit gebundenen Frauen einlassen.

 

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4 Kommentare

  1. Rainer Müller

    Klare Worte, und auf den Punkt gebracht.

  2. Nicola R

    Beeindruckende Analyse, die Ihre Expertise, Erfahrung und Passion für Herzensangelegenheiten widerspiegelt. Weiter so!

  3. H.K.

    Lieber Hr. Thiel
    In unserem E-Mail Kontakt hatten Sie die Idee aufgeworfen meine Rückmeldung an Sie hier einzustellen. Dem komme ich sehr gerne nach:

    Ich möchte mich herzlichst bei Ihnen bedanken, dass Sie sich die Mühe gemacht haben, mir so ausführlich zu antworten! Das hat mich sehr gerührt und froh gemacht.
    Mir ist bewusst, dass Sie viel um die Ohren haben allerdings haben Sie in Ihrer Kolumne eine Frage aufgeworfen, die ich Ihnen gerne beantworten möchte und zwar in aller Kürze.
    Sie wollten wissen, wieso ich mich mit einer gebundenen Frau eingelassen habe.
    Es ist auf der einen Seite ganz einfach: ich hatte es zu Beginn nicht gewusst. Auf der anderen Seite ist es etwas komplizierter und zwar ist es so, dass sie es mir durch die Blumen schon zu verstehen gegeben hat. Allerdings so verblümt, dass ich es nicht richtig verstanden habe. Zugegebenermaßen hätte ich einfach fragen können, allerdings hatte ich (retrospektiv betrachtet) eine gewisse Form von Angst vor der Antwort und habe mir gedacht: „wenn Sie jetzt in einer Beziehung wäre, dann würde sie nicht so agieren“. Mir ist (jetzt) klar, dass das eine Form der „Schönrederei“ meinerseits war.
    Als Sie nach einem oder zwei Monaten ihrem Erstmann von unserer Affäre erzählt hatte, dachte ich zunächst auch, dass sie sich trennen werden. Wir sind da, alle Drei, durch einige Prozesse gegangen und das Ende vom Lied war und ist, dass Sie mit Ihm zusammenbleiben möchte, genauso wie mit mir.
    Ich hatte mich seinerzeit dazu entschieden meiner Liebe zu vertrauen und stehe nach wie vor dazu, auch wenn es Zeitweise sehr schwer ist und wir auch schon heftige Auseinandersetzungen deswegen hatten.
    Für mich ist es eine Art von „Durchhaltewettbewerb“, wobei sich diese Beschreibung wahrscheinlich negativer liest, als ich sie meine.
    Ich schätze, dass einer von uns beiden Männern früher oder später die Reißleine zieht. Mir ist klar, dass wenn ich ihr Druck mache, sie die Reißleine ziehen wird und dann ich und unsere Liebe auf der Strecke bleiben werden. Mein „Plan“ ist es, unserer Liebe eine Chance zu geben, sie zu erhalten und zu pflegen, das Beste daraus zu machen und wer weiß was die Zukunft bringt. Vielleicht lernt „Er“ eine andere Frau kennen und trennt sich… vielleicht wächst der Wunsch in Ihr mehr Zeit mit mir verbringen zu wollen… vielleicht…

    Vielen lieben Dank noch einmal für Ihre Zeit und Ihrer Gedanken. Leider ist Berlin so weit weg, ich werde mal schauen ob ich hier in der Kante eine Beratungsstelle finde.

    • Christian Thiel

      Affären wie die Ihre ziehen eine Reihe von Problemen nach sich, auch wenn Sie am Ende den „Durchhaltewettbewerb“ gewinnen sollten. Vertrauen ist (logischerweise) ein rares Gut in so einer Beziehung. Sie beginnt ja schon mit mehreren Unwahrheiten Ihrer Affärenpartnerin.
      Nur aus 3 Prozent dieser Affären wird jemals eine stabile Partnerschaft. Und auch dann sind diese Beziehungen sehr anfällig für Trennungen.
      Mit Polyamorie hat das was Ihre Affärenpartnerin da macht nicht viel zu tun. Polyamorie setzt auf Offenheit. Das hat sie nicht gemacht. Schade.
      Allerdings ist auch Polyamorie die offen kommuniziert wird kompliziert, weil es viele Möglichkeiten gibt, diese Beziehungsform zu leben. Interessanterweise schließen die meisten die polyamor leben das Sich-Verlieben in einen anderen oder eine andere aus, obwohl das Wort Polyamorie doch scheinbar genau das auszusagen scheint. In der Regel ist in der Praxis mit Polyamorie nur gemeint, dass es neben der Hauptbeziehung auch sexuelle Affärenpartner gibt. Früher hieß diese Beziehungsvariante schlicht „offene Beziehung“.

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