Die Liebesblogger

Eine Affäre mit Facebook

Ich habe da mal eine Frage: Meine Frau ist seit kürzeren mehr mit Facebook zusammen als mit mir. Ständige SMS kommen auch Nachts, mir weicht sie aus, sagt dass nur Bilder geteilt werden. Ich weis mir keinen Rat mehr, es nervt das Sie nur am Handy sitzt und es zu keiner Zeit aus dem Auge verliert. Für mich stellt sich die Frage, kann es sein dass die Ehe (26j.) nicht mehr lange hält?     Ich kann Ihre Diagnose leider nur bestätigen: Ihre Frau ist derzeit nicht mit Ihnen zusammen – sondern mit ihren Freundinnen und Freunden auf Facebook. Wenn das schon eine Weile so ist, wird sie festgestellt haben, dass sie mit denen lieber zusammen ist, als mit Ihnen. Weil es kurzweiliger und spannender ist. Das sagt sie möglicherweise nicht offen. Aber sie handelt so. Sie haben auch noch in einem zweiten Punkt Recht. Ihre Ehe ist akut gefährdet. Facebook-gefährdet. Wenn wir uns lieber anderen Menschen zuwenden, als dem eigenen Partner oder der eigenen Partnerin, dann schwindet die Liebe. Ein Liebe, eine Partnerschaft besteht aus Zuwendung zum anderen. Aus exklusiver Zuwendung! Wenn es diese exklusive Zuwendung gar nicht mehr gibt, dann ist die Ehe am Ende. Keine Frage. Auch dann kann man noch zusammen leben, zusammen frühstücken und in Urlaub fahren. Aber ob am Frühstückstisch oder im Urlaub: Die Freunde auf Facebook sind immer wichtiger als Sie. Darüber wie Smartphones genutzt werden, streiten sich heute viele Paare. Mal ist es der Mann, der unentwegt auf sein Handy starren muss, mal ist es die Frau. Zwei Drittel der englischen Smartphone-Besitzer haben ihr Handy schon beim Sex benutzt. Nicht zur Anregung, nein, sondern weil die eingehende Nachricht wichtiger war als der Sex. Da behaupte noch jemand, wie lebten in einer Zeit, in der die Sexualität wichtig genommen wird. Das wird sie nicht. Denn wenn ich genau hinschaue, dann stelle ich fest: Stets ist etwas anderes wichtiger. Am Sonntag der Tatort, am Montag der Sportverein und am Dienstag der Chor. Ach ja, ich vergaß. Am Samstag muss es dann unbedingt ein Rockkonzert sein oder ein Fußballspiel. Jeder Event scheint heute im ehelichen Leben wichtiger, als Zuwendung und Sex. Apropos – wie sieht es bei Ihnen beiden mit der Sexualität aus? Wann haben Sie Ihrer Frau das letzte mal ein Angebot gemacht? Wann haben Sie ihr das letzte Mal gesagt, dass Sie sie lieben und wie gut sie aussieht? Das sind die wirklich wichtigen Dinge in einer Partnerschaft. Alles Klagen über Facebook hilft Ihnen ja nicht weiter, auch Vorwürfe an Ihre Frau helfen nicht. Was Ihnen weiterhelfen kann ist folgende Frage: Wenn ich Ihre Frau fragen würde, was sie in der Ehe vermisst, was würde sie wohl sagen? Warum ist sie lieber mit Facebook zusammen – und nicht mit Ihnen?  

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1 Kommentar

  1. Manfred Böttcher

    In einem Restaurant saß am Nebentisch ein junges Paar, die beide mit ihren Smartphones hantierten und kein Wort miteinander sprachen. Während des gesamten Essens einschl. der Pausen. Auch Leute in Bussen und Straßenbahnen starren unentwegt auf ihre Smartphones und nehmen die Umwelt nicht mehr wahr. Wenn man sie anschaut, sieht man in leere Gesichter. Mütter schieben den Kinderwagen und schauen nicht nach ihrem Kind, sondern sind mit dem Smartphone beschäftigt. In Hamburg demonstrierten bereits Kinder gegen ihre Eltern, die sie wegen der Smartphones nicht beachten. All diese Leute können auch nicht mehr reden, wiewohl sie mit dem Smartphone geschwätzig sind und dem Adressaten jede Kleinigkeit mitteilen. Wenn sie links neben mir am Fenster sitzen und aussteigen wollen, fangen solche Leute an, mit den Beinen zu ruscheln oder mit den Füßen zu scharren und dann zu drängen. Eine junge Frau schwuppte mal urplötzlich von links nach rechts zum Gang über meinen Schoß hinweg. Ein akrobatisches Kunststück, das hätte schief gehen können. Wie peinlich! Dabei gibt es mehrere Formulierungen für die Bitte, aussteigen zu dürfen. Bestätigt wird die Fantasielosigkeit und Sprachlosigkeit in Klagen von Handwerkskammern, dass viele Lehrlinge nicht mehr ausbildungsfähig seien. Die Universitäten beklagen, dass Abiturienten mit Reifeprüfung! nicht reif für ein Studium seien. Lehrlinge wie Abiturienten brauchen somit Vorkurse. Selbst Radfahrer und Autofahrer benutzen beim Fahren das Smartphone und schreiben dabei teils sogar SMS. Das beschwört große Gefahren herauf, insbesondere für unschuldige Dritte. Kaum jemand stört das. Die Polizei greift angesichts dieser Gefahren nicht systematisch ein, sondern beschränkt sich auf seltene Kontrollen ohne Folgen. Einsame Warner in der Wüste sind bisher z. B. der Psychiater Prof. Spitzer und der prominente Blogger Schlecky Silberstein in seinem Buch „Das Internet muss weg. Eine Abrechnung.“ Der Blogger, der selbst vom Internet lebt, schreibt uneigennützig: „Das Internet ist die größte Verarschungsmaschine aller Zeiten! Es macht uns fertig. Jeder spürt das, keiner weiß so richtig, warum. Wir sind Rohstofflieferanten für Google und Facebook, die als Händler unserer Daten die Welt regieren. Dabei merken wir gar nicht, wie man uns mithilfe dieser Daten manipuliert: unsere Meinungen, unsere Entscheidungen, unsere Beziehungen.“ Sic!

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