Sie betonen oft, dass es für eine Trennung keine Begründung braucht, warum man sich trennen will. Das leuchtet mir nicht ein. Hilft es mir als Mann denn nicht, wenn ich bei einer Trennung weiß, warum eine Frau sich trennt? Eventuell hat man eine unangenehme Eigenart, die man entweder gar nicht bemerkt oder nicht als störend vermutet. Ich würde es jedenfalls gerne wissen, um zumindest die Chance zu haben, daran zu arbeiten. 

 

Sie werfen da in meinen Augen einiges durcheinander. Sie wollen wissen, warum eine Frau sich trennt – und dazu wollen Sie sie fragen, was sie denkt, warum sie es tut. Das was sie dann sagt, dass ist Ihrer Meinung nach dann der Grund für die Trennung.

Doch diese Ansicht ist falsch. Männer werden in solchen Gesprächen oft sagen, dass es zu wenig Sex gab. Und dann wird die Frau in sich gehen und sich fragen, ob Sie etwas falsch gemacht habt. Bei der Häufigkeit der Sexualität. Oder bei der Qualität der Sexualität. Und genau damit gerät Sie auf Abwege. Ihr Gegenüber hat ihr nämlich gar nicht gesagt, warum Ihre Beziehung zu Ende gegangen ist, sondern nur, was ihm aufgefallen ist. Das mit dem Sex.  

 

Frauen sagen nach einer Trennung gerne, dass es zu wenig Gespräche gab

 

Warum aber ist der Sex seltener geworden? Oder liebloser geworden? Die Sexualität ist zwar oft ein Punkt, an dem Männer (aber auch Frauen) messen, ob sie mit der Beziehung noch zufrieden sind. Aber der seltener werdende Sex ist ja seinerseits nur ein Symptom. Er ist so eine Art Thermometer, das anzeigt, dass die Beziehung liebloser wird. Oder dass es zu seelischen Verletzungen gekommen ist. Er zeigt an, dass sich das Gefühlsleben von einem der Beiden (oder von beiden Partnern) dafür entschieden hat, dass weniger Sex sich besser anfühlt – weil die Verbundenheit der beiden Partner abgenommen und die Distanz deutlich zugenommen hat.

Frauen sagen nach einer Trennung gerne, dass es zu wenig Gespräche gab, in denen sie sich dem Mann nahe gefühlt haben. Aber auch das ist in der Regel nur das Symptom, an dem viele Frauen den Niedergang einer Beziehung am deutlichsten spüren. Wenn ein Paar sich seltener unterhält, wenn Männer wie Frauen das Gespräch immer seltener suchen, dann hat das in aller Regel einen ganz anderen Grund.

Frauen fangen an, sich lieber mit besten Freundinnen zu unterhalten, weil sie im Gespräch mit ihrem Partner Anerkennung, Wertschätzung und Respekt vermissen. Stattdessen gibt es – zunehmende Kritik. Die wenigsten aber merken das überhaupt. Und noch viel seltener ist der Fall, dass eine Frau nach einer Trennung genau benennen kann, was ihr gefehlt hat.

Das alles wird durch das was „klärende Gespräche“ genannt wird komplett außen vor gelassen. Im klärenden Gespräch wird in meinen Augen schlicht nichts geklärt. Stattdessen wird dem Gegenüber die Schuld zugewiesen. Es lag an dir – das ist der wichtigste Inhalt des angeblich klärenden Gesprächs.  

 

Sie sind vermutlich zu gutmütig

 

Natürlich ist damit überhaupt und gar nichts geklärt. Da Sie sich diese Kritik einer Frau regelrecht wünschen ist allerdings eines sehr klar: Sie sind vermutlich zu gutmütig. Wenn Sie nach dem Ende einer Beziehung unbedingt ein regelrechtes Bad in Ihren Fehlern brauchen, um sich danach für die Zukunft Besserung zu geloben, dann sind Sie möglicherweise nicht nur gutmütig, sondern sogar ausgesprochen sehr gutmütig. Wenn Sie herausfinden wollen, warum Ihre Beziehung gescheitert ist, dann hilft Ihnen eine Beratung. Die kostet Sie ein wenig Geld, klar.

Klärende Gespräche kosten Sie dafür eine Menge Nerven und lassen Sie mit komplett unsinnigen Ratschlägen zurück, was Sie in Zukunft an sich verbessern sollten. In Wahrheit ist es mit dem Auseinandergehen ganz einfach: Wir trennen uns, weil unser Gefühlsleben entschieden hat, dass wir nicht mehr wollen. Deshalb bin ich dafür, genau das auch zu sagen: Ich will nicht mehr. Mehr Begründung braucht es nicht. Warum das Gefühlsleben das entscheidet, das ist (in einer Beratung) auch ganz einfach zu erkennen: Weil es Anerkennung, Wertschätzung und Respekt vermisst hat.  

 

Wir bekommen bei „klärenden Gesprächen“ eine geballte Ladung an Kritik über den Kopf gegossen

 

Aus all diesen Gründen gehören „klärende Gespräche“ mit zu den peinlichsten Erlebnissen im Leben eines Menschen. Sie klären nichts. Wir bekommen eine geballte Ladung an Kritik über den Kopf gegossen (was zu emotionalen Verletzungen führt) . Und in der Regel lassen wir uns dann nicht lumpen – und kritisieren unsere Ex ebenfalls reichlich (was ebenfalls zu emotionalen Verletzungen führt).

Bei alledem verstoßen wir gegen das wichtigste Gebot für Trennungen. Es lautet: Paare müssen und sollen sich über ihre Gefühle auseinandersetzen, solange sie noch ein Paar sind. Getrennte aber sollten damit aufhören. Weil es zu spät ist.

Wenn Sie jetzt trotzdem unbedingt etwas lernen wollen aus Ihrer letzten Beziehung und lieber nicht in eine Beratung gehen wollen, dann lesen Sie doch einfach mal ein richtig gutes Buch. Die „Vermessung der Liebe“ von John Gottman empfehle ich immer wieder gerne. Oder Sie kommen in den „Grundkurs: Liebe und Partnerschaft“, den ich regelmäßig anbiete. Danach wissen Sie genauer, warum es zu Ihrer letzten Trennung gekommen ist. Und daraus können Sie dann wirklich etwas lernen – für Ihre nächste Beziehung.  

 

Mehr wissen:

14. Dezember 2023
Online-Workshop: „Grundkurs: Liebe und Partnerschaft. Ein Kurs für Singles und Paare.“
Vom 14. Dezember bis zum 8. Februar
Kosten: 75 €
Es gibt keine Präsenzzeiten oder Zoom-Calls. So sind Sie zeitlich völlig flexibel bei der Teilnahme. Mehr Informationen zu diesem Workshop finden Sie hier.
Anmeldung: kontakt@die-liebe-bleibt.de

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