Die Liebesblogger

Trennung ohne Begründung

Ich bin 68 Jahre alt, geschieden,  und habe vor knapp 6 Jahren eine etwas jüngere Frau kennengelernt. Wir waren uns sofort sehr sympathisch und haben eine sehr intensive Beziehung. Wir haben getrennt gewohnt, aber uns an den Wochenenden und oft auch wochentags mehrfach bei ihr oder mir getroffen, sind oft gemeinsam in Urlaub gefahren. Wir waren auch jeweils voll in die Familie und den Freundeskreis des anderen integriert.

Ich hab das Gefühl gehabt, sie ist die Frau meines Lebens. Ihr Gefühl hat sie nie so offen dargelegt, sie war der Meinung, über Gefühle kann man nicht reden. Im April vorigen Jahres hat sie die Beziehung von einem Tag auf den anderen beendet – ohne mir einen Grund zu nennen! Nach fünf gemeinsamen Jahren. Das hat mir den Boden unter den Füßen weggezogen und mich fassungslos und verzweifelt gemacht. Natürlich habe ich dann bei einigen Besuchen und schriftlich versucht, die Beziehung wiederzubeleben oder wenigstens den Grund der Trennung zu erfahren – erfolglos bis heute.

Das Ergebnis war letztendlich, dass sie mich wegen Stalking bei der Polizei angezeigt hat. Ich leide psychisch sehr darunter. Was können Sie mir raten?

 

Das eigentliche Drama einer Beziehung ergibt sich oft erst nach Ihrem Ende. Sie drängen verzweifelt auf eine Begründung für das Beziehungsende – als ob es die geben könne. Entscheidungen über den Bestand einer Partnerschaft werden von unserem Gefühlsleben getroffen. Es will nicht mehr. Daran gibt es nichts zu kritisieren und niemand von uns ist verpflichtet, die Gründe für seine Entscheidung offenzulegen. Es ergibt auch wenig Sinn. Jeder sagt dann nur, was er über seine Entscheidung denkt. Aber warum sie wirklich getroffen wurde, das wissen die wengisten Menschen – es war eine Entscheidung des Gefühlslebens.

Was mich verwundert: Sie schreiben, es wäre die Frau Ihres Lebens gewesen – obwohl sie nicht über Gefühle reden konnte? Wenn sich ein Paar im Gespräch nicht nahe sein kann, wie kann das dann in Ihren Augen eine besonders gute Beziehung sein? Von außen gesehen lief zwischen Ihnen beiden einiges schief. Das passt zum Ende der Partnerschaft – auch da kann sie nicht reden, so traurig das auch für Sie ist.

Stellt sich die Frage: Wenn sie in der Beziehung nicht über Gefühle reden konnte, wie soll das nach dem Ende möglich sein? Ihre Erwartungen in dem Punkt waren unrealistisch. Und das hätte Sie von Anfang an stutzig machen können. Ich vermute, Sie haben da über Vieles einfach hinweggesehen.

 

Sind die Gefühle nicht mehr da, dann ist das so

 

Sie haben die Entscheidung Ihrer Ex-Partnerin zur Trennung nicht akzeptiert. Ich hätte Ihnen dringend geraten, kein klärendes Gespräch zu führen. Sind die Gefühle nicht mehr da – dann ist das so. Ein „klärendes Gespräch“ ändert daran nichts. Mit dieser Forderung haben Sie sie sehr  bedrängt. So unter Druck gesetzt zu werden, sich erklären zu müssen, das hat sich für Ihre Ex-Partnerin sehr schlimm angefühlt. Anders ist das was folgte nur schwer zu erklären.

Um es deutlich zu sagen: Nein, Sie ist nicht verpflichtet, mit Ihnen ein Gespärch zu führen. Wie kommen Sie darauf? Die meisten seelischen Verletzungen bei Trennungen erfolgen nach einer Trennung. In „klärenden Gespräch“ die am langen Ende vor allem auf Vorwürfe hinauslaufen. Nicht sinnvoll.

Ich bedauere, dass diese Beziehung für Sie so zu Ende gegangen ist. Schauen Sie beim nächsten Mal bitte genauer hin. Ja, auch in Ihrem Alter kann man auf Partnersuche gehen. Sie sollten sich Zeit lassen beim Kennenlernen und sollten viele interessierte Fragen stellen – ehe sie sich näher kommen und zu der Überzeugung kommen, die Richtige gefunden zu haben.

 

Eine Anmerkung: Zu keinem Beitrag haben mich je so viele Kommentare erreicht, in denen es an Respekt und Höflichkeit gegenüber den Beteiligten fehlte, wie bei diesem. Solche Kommentare werden auf diesem Blog nicht freigegeben. 

 

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4 Kommentare

  1. Sabine

    Na ja, das der Mann einen Grund für die Trennung hören will , kann ich verstehen! Dann kann man eine Trennung doch besser verarbeiten. Nur zu sagen es ist die Gefühlslage finde ich zu einfach.

    • Christian Thiel

      Die Entscheidung über den Bestand oder das Ende einer Beziehung wird vom Gefühlsleben getroffen. Sind die Gefühle weg, dann ist das so. Natürlich ist es hilfreich, wenn wir den Partner rechtzeitig darüber aufklären, dass uns etwas stört. Viele Menschen können aber genau das nicht. Jemanden dann zu bedrängen, seine Gefühle zu erklären, halte ich für falsch. Und für übergriffig. Mich hat es nicht wirklich gewundert, dass die Frau am Ende sogar zur Polizei gegangen ist. Sie wusste sich nicht mehr anders zu helfen. Traurig.
      Ich höre solche Geschichten immer wieder. Die Frau fühlt sich massiv bedroht und regelrecht verfolgt – der Mann aber gibt keine Ruhe. Nein, sorry, das kann ich beim besten Willen nicht richtig finden. Zu allem Unglück schadet er damit natürlich auch sich selber massiv.

  2. Gudrun

    Ich meine auch, dass der wirkliche Grund für eine Trennung meistens nicht genannt werden kann. Da könnte es passieren, dass man oberflächlich was sagt, damit der andere einen typischen Grund benannt bekommt. Ich kannte mal eine Frau, die sagte mir, sie könnte ihn nicht mehr essen sehen. Gesagt hat sie das nie, das war ihr zu unhöflich, und er hätte es ja auch nicht ändern können.

    Kann auch sein, dass derjenige, der die Trennung nicht akzeptiert, nach dem so genannten klärenden Gespräch noch mehr zu kauen hat und mit Unverständnis reagiert, mit Verarbeitung hat das wenig zu tun. Das geht anders, ohne den oder die Ex zu belästigen.

    Gerade das Bedrängen, das auch noch für so selbstverständlich gehalten wird, zeigt vielleicht auch einen Teil des Charakters, der die Frau zu der Überzeugung brachte, dass sie so nicht leben möchte.

    Das ist meine laienhafte Meinung.

  3. Johanna

    Vielleicht darf ich hierzu passend Anne Huth, Diplom-Psychologin aus einem Welt Artikel zitieren „Wer eine Beziehung eingeht, muss Verantwortung übernehmen, Probleme offen ansprechen und dem Partner die Chance für Veränderung geben.“
    Eine Trennung von heute auf morgen ist – da sind sich alle Experten einig – unterste Schublade. Wer ohne Vorwarnung geht, bricht alle Gesetze der Fairness und verletzt elementare Grundregeln. „Wenn man einen Menschen mal sehr geliebt hat, dann ist so ein Verhalten absolut nicht drin“, sagt Huth.

    In einer mehrjährigen Beziehung übernimmt man Verantwortung für den Partner und es ist eine Frage des Respekts und der Empathie den Partner nicht einfach ohne Angabe von Gründen abzusetzen. Grund hierfür liegt vielleicht an einem Mangel an Konfliktscheu der Dame, so dass sie lieber heimlich geht.

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