Im Grunde war meine Ehe immer sehr glücklich. Doch nun ist mein Mann in Rente, und seither gibt es nur noch Probleme: Ständig mischt er sich in meine Angelegenheiten ein, will den Einkauf für mich machen oder die Kühltruhe umräumen. Und dann geht er immerzu davon aus, das wir alles gemeinsam machen, auch jetzt in der Vorweihnachtszeit, wenn ich einfach mal mit einer Freundin zusammen über einen Weihnachtsmarkt schlendern möchte. Ich halte das nicht mehr lange aus.
Sie als Paar sind es nicht gewohnt, tagtäglich 24 Stunden rund um die Uhr miteinander zu verbringen. Glauben Sie mir: Die meisten Paare geraten in so einem Fall aneinander. Viele Frauen erleben die Verrentung ihres Mannes als eine Form der Freiheitsberaubung und wollen nicht stets und ständig nur mit dem anderen Zeit verbringen. Sie sind da alles andere als ein Einzelfall.
Die Verrentung ist heute für Paare eines der schwierigsten Lebensereignisse überhaupt. Das liegt daran, dass sich zum einen unglaublich Vieles auf einmal ändert und Paare somit Mühe haben, ein neues Miteinander hinzubekommen. Der zweite Grund ist, dass uns die Arbeit mit Anerkennung versorgt und mit sozialen Kontakten. Die fallen mit der Verrentung aber weg. Männer sind davon meist stärker betroffen als Frauen, da Männer ihr Selbstwertgefühl in der Regel stärker vom Beruf abhängig machen. Viele Männer fallen in ein sehr tiefes Loch, wenn sie nicht mehr tagtäglich zur Arbeit gehen. Außerdem pflegen Männer Kontakte oft vorrangig im Kollegenkreis. Und der existiert mit einem Mal nicht mehr.
Unsere Erwartungen an die Rente sind unrealistisch
Nun kommt auch noch ein dritter Grund hinzu: Die Erwartungen, mit denen wir der Rente entgegen gehen. Ich als Berater erwarte in so einem Fall nichts als Probleme. Aber das ist ja nicht das übliche Bild vom Ende des Arbeitslebens. Angeblich sollen wir die Zeit danach ja unglaublich genießen und froh und glücklich sein, dass wir endlich, endlich nicht mehr arbeiten müssen.
Ich weiß ja auch nicht, wer sich diesen Unsinn von der tollen Zeit nach der Verrentung ausgedacht hat. Und ein Unsinn ist es in der Tat: Die meisten Menschen vermissen ihre Arbeit. Sie vermissen die Anerkennung, die Arbeit uns einbringt. Sie vermissen die Kollegen. Und sie wissen mit der vielen Zeit kaum etwas anzufangen – wie auch! Sie haben damit doch keine Übung.
Das ist einer der Gründe, warum immer mehr Menschen versuchen, auch nach der Verrentung noch erwerbstätig zu bleiben. Oder sie suchen sich eine ehrenamtliche Tätigkeit, was zudem den großen Vorteil hat, dass sie etwas machen können, was ihnen wirklich Freude macht. Das ist ja nicht bei jeder bezahlten Tätigkeit der Fall. Mehr als die Hälfte der 65-70-Jährigen geht irgendeiner Arbeit nach. Viele unbezahlt, weil sich eine bezahlte Arbeit nicht findet. In meinen Augen ist es einerlei, ob bezahlt oder nicht. Hauptsache es ist eine sinnvolle Tätigkeit, die Spaß und Freude macht.
Oft ist der eheliche Friede sogar erst dann wieder gesichert, wenn beide Partner eine befriedigende Tätigkeit gefunden haben. Sprechen Sie mit Ihrem Mann darüber. Möglicherweise müssen Sie ihm klipp und klar sagen, dass er erst dann wieder eine ausgeglichene Ehefrau haben wird, wenn er sich eine Aufgabe gesucht hat. Meinetwegen soll er Bekannten beim Renovieren helfen oder im nächsten Altenheim beim Laubfegen.
Überlegen aber auch Sie, was Sie gerne machen würden. Ob Ihr Mann sich etwas überlegt, was ihn außer Haus führt, das haben Sie nicht im Griff. Für sich selber aber können Sie problemlos eine Entscheidung treffen, was Sie gerne machen wollen. Ich habe mal von einer Frau gehört, die fuhr jeden Samstag auf den Markt, um dort Eier zu verkaufen. Das Geld das sie dabei verdiente, das war ihr nicht so wichtig. Aber sie kam unter Menschen – und das tat ihr gut.
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Mein Mann werkelt Tag für Tag im Garten. Ich bin die Küchenfee und Putze. Am Wochenende möchte ich etwas Besonderes machen. Ruft sein Freund an, ist er sofort der Strahlemann und weg.
Ich bin die Zecke im Haus…