„Ich bin 34 und habe vor neun Monaten im Internet einen sehr netten Mann kennengelernt. Wir haben uns auf Anhieb super verstanden und viel zusammen gelacht. Beim zweiten Date wurden wir dann ein Paar. Nun ist von der guten Stimmung leider nichts mehr da. Wir streiten unaufhörlich, selbst um absolute Kleinigkeiten wie die Lautstärke des Fernsehers. Das ist mir so nun schon mehrfach so passiert. Mein Liebesleben ist ein Chaos. Ich frage mich, was läuft da schief bei mir?“
Ich höre solche Geschichten jeden Tag. Und ein paar der Punkte in Ihrer Frage kommen mir sehr bekannt vor. „Wir haben viel zusammen gelacht“ ist einer dieser Punkte. Beinahe immer wenn ich diesen Satz in Bezug auf die ersten Dates höre, dann folgt das Chaos von dem Sie sprechen. Wenn Sie die modernen amerikanischen Unterhaltungsserien nehmen, dann ist es die Hauptaufgabe eines jungen Mannes, eine Frau beim ersten Date zum Lachen zu bringen. Auch die US-Ratgeberbücher sind voll von diesem Unsinn.
Ich als Singleberater sehe das ganz anders. Wenn ein Paar bei den ersten Dates viel lacht, dann hat es vor allem eines gemacht: Es hat zu keiner Zeit über wirklich wichtige Dinge gesprochen. Die Beiden haben sich nicht darüber unterhalten, welche Ziele sie haben, welche Vorstellungen von Partnerschaft sie umtreiben (wollen sie Kinder?). Sie haben auch nicht über die Niederlagen in der Liebe geredet die sie in der Vergangenheit erlitten haben und auch nicht darüber, wie sie die in Zukunft verhindern wollen. Den schwierigen Themen sind sie also ausgewichen. Schade.
Stattdessen haben sie in der Regel vor allem über den letzten Urlaub gesprochen und wie wahnsinnig toll er es in Kambodscha oder in Ecuador fand. Und dann hat er ein paar lustige Geschichten aus seinem Urlaub erzählt. Und sie hat häufig und gerne gelacht. Außerdem haben sie beide ihre Hobbys erwähnt und somit klargestellt, wie ausgesprochen hip und aktiv sie sind.
Glauben Sie, dass solche Gespräche dazu führen, dass zwei Menschen zueinander finden, die auch zueinander passen? Ich glaube das nämlich nicht, fürchte aber, dass Sie meine Meinung nicht teilen. So ein lustiger Abend mit viel Lachen scheint Ihnen ein Hinweis darauf zu sein, dass das ein gutes Date ist – während ich es für ein schlechtes halte. Ein sehr schlechtes sogar.
Kommen wir zum zweiten Punkt. Beim zweiten Date wurde sie bereits ein Paar. Die ganze Prüfung ob der andere auch passt, hat also beim allerersten Date stattgefunden (bei dem Gespräch über die tolle Reise nach Kambodscha oder Ecuador und über die hippen Hobbys) – und das war es. Beim zweiten Date ging es dann schon um die Frage: Zu dir oder zu mir? Da hatten es zwei aber ganz schön eilig.
Verstehen Sie mich nicht falsch: Natürlich dürfen Sie das so machen. Aber das Ergebnis, eine stabile Partnerschaft, das erreichen sie mit dieser Eile nicht. Weil Sie das Prüfen des Anderen einfach auslassen.
Das Ergebnis dieser Eile bei der Partnersuche ist in der Regel erst einige Monate oder Jahre später klar und deutlich: Der Andere passt beim besten Willen nicht zu Ihnen. Er liebt die Unordnung – sie wollen es gerne schön haben. Sie sind zielstrebig – er legt stets und ständig die Füße hoch. Er will noch zehn Jahre ohne Kinder leben – sie wollen eine Familie. Klingt kompliziert? Ja, das ist es. Deshalb sollten sie das alles schon herausfinden bevor sie mit dem jungen Mann Sex haben – dann bleibt ihnen einiges erspart. Neun Monate mit einem frustrierenden Ende zum Beispiel.
Sie haben nicht einmal versucht, das alles vorher herauszufinden. Vor dem ersten Sex. Wir brauchen vier bis fünf Dates um uns in dieser Frage einigermaßen sicher sein zu können.
Warum diese Eile?
Warum ist das alles heute so? Ich habe da vor allem die unglaublich unterhaltsamen und, was die Liebe angeht, ebenso unglaublich dämlichen amerikanischen Unterhaltungsfilme im Verdacht. Die deutsche Vorabendserie ist in dem Punkt allerdings um keinen Deut besser. Da geht es nämlich stets und ständig um zwei Fragen. Die erste lautet: Ist er erotisch begehrenswert? Das hatten wir uns gedacht. Im Amerikanischen heißt das gerne auch cute – süß. Oder auf Teeny-Deutsch: Ist der aber süüüüß!
Keine Frage, die erotische Anziehung zwischen zwei Menschen ist für eine Partnerschaft ein wichtiger Punkt. Aber sie ist nicht der einzige Punkt. Sie können und sollen nicht mit jedem den sie erotisch begehrenswert finden gleich auch einen Beziehungsversuch starten – weil die allermeisten dieser Männer nicht zu Ihnen passen.
Der zweite Punkt um den es bei amerikanischen Schmonzetten stets geht heißt übrigens banter. Banter ist, folgen sie der populären Sichtweise, das allerwichtigste bei einem Date. Banter bedeutet so viel wie scherzen oder necken. Auf gut deutsch: Er hat mich den ganzen Abend zum Lachen gebracht.
Ist er cute? Versteht er sich auf banter?
Sie sind ganz offensichtlich ein Opfer von cute und banter. Banter ist der wichtigste Hinweis für mich als Berater, das bei einem Date etwas schief gelaufen ist. Mit 16 können Sie das machen. Mit 25 meinetwegen auch noch. Aber doch nicht mit 34! Er hat mich den ganzen Abend zum Lachen gebracht ist noch aus einem zweiten Grund für mich als Berater einer der schlimmsten Fälle.
Um in die Stimmung für banter zu kommen, trinken junge Menschen heute bei einem Date eine ziemliche Menge an Alkohol. Drei oder vier Cocktails dürfen es für viele schon gerne sein. Neulich hat mir eine Klientin davon erzählt, dass Ihr Partner zum ersten Date gleich mit einer Flasche Wein erschienen ist. Das Date ist jetzt übrigens ein gutes Jahr her und meine Klientin ist kreuzunglücklich mit dem Mann, den sie damals getroffen hat. Sie will Kinder – er nicht. Und er trinkt zu viel, jeden Abend eine Flasche Wein.
Ob nun drei oder vier Cocktails oder eine Flasche Wein – in diesem beduselten Zustand wird der andere nicht mehr wirklich geprüft. Das ist auch gar nicht möglich. Es wird gelacht und es wird gealbert. Es wird geschaut, ob der andere auch ja cute ist und ob er sich auf banter versteht.
Zudem ist Alkohol auch ein Brandbeschleuniger für die Sexualität. Wir wollen unbedingt noch schneller zum Punkt kommen, sprich: Zum Sex. Die drei wesentlichen Zutaten für den Misserfolg in der Liebe lauten also in meinen Augen: Alkohol, banter und schneller Sex. Wenn Sie das alles weglassen, haben Sie gute Aussichten beim nächsten Mal einen deutlich passenderen Partner zu finden. Einen, mit dem Sie nicht wieder nach neun Monaten um die Lautstärke des Fernsehers streiten.
Von mir gibt es auch ein kostenlose eBook „Herzenssache – wie die Partnersuche“ gelingt. Zum Download geht es hier.
Meinen nächsten Singleworkshop („Suche einen für immer und ewig“) können Sie am 28. September in Dresden besuchen. Am Vorabend gibt es dort auch einen Vortrag („Wie finde ich den richtigen Partner für mich?“). Beide Veranstaltungen finden in Kooperation mit der Sächsischen Zeitung statt. Zur Anmeldung für den Singleworkshop nutzen sie bitte die Mailadresse post@singleberater.de. Zu den genauen Terminen geht es hier.
Christian Thiel lebt und arbeitet als Single- und Paarberater in Berlin (die-liebe-bleibt.de). Von ihm gibt es unter anderem die Bücher „Streit ist auch keine Lösung“ und „Suche einen für immer und ewig“.
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Hallo Herr Thiel!
Sie schreiben in Ihrem Artikel, dass „cute“ und „banter“ bei den ersten dates schlecht sind. Ich kann das irgendwie nachvollziehen, aber ich sehe nicht, dass beides ausschließt, dass man sich nicht AUCH, also zusätzlich über wichtige Themen unterhält und fand bisher die Lockerheit besonders von „banter“ (ohne das Wort vorher zu kennen) auch extrem wichtig, da mir allgemein Humor sehr wichtig ist und ich dabei früh erkennen kann, ob der andere ungefähr den gleichen Humor hat und wir uns auf dieser Ebene verstehen. Wenn das nun am Anfang nicht hingehören soll – wo bitte dann? Kann man, wenn man den ernsten „Prüfungsthemen“ mehr Raum gibt, irgendwann diese Lockerheit und den gemeinsamen Humor überhaupt noch entstehen lassen? Ich zweifel da etwas…
„Er hat mich den ganzen Abend zum Lachen gebracht“ ist der typische Einstiegssatz für eine Liebesgeschichte, die sehr unglücklich endet. Weil bei den Dates einfach nicht über wirklich wichtige Dinge geredet wird. Der Preis der „Lockerheit“ ist also in meinen Augen hoch. Zu hoch.