Die DVD zum Vortrag in Stuttgart ist da

Noch ein wenig auf dem Sofa gemütlich aneinander kuscheln und dann ab ins Bett – und dort weiter machen? Von wegen! Bei vielen Paaren kann davon keine Rede sein. So kam die Forschung vor einigen Jahren einem ganz spannenden Phänomen auf die Spur. Immer mehr junge Paare zwischen 25 und 40 haben gar keinen Sex mehr. Oder fast keinen Sex.

Ungalant wie sie sind, haben sich die Soziologen gleich ein passendes Kürzel für diese Paare ausgedacht: DINOS. Das steht für Dobble Income – NO Sex.

Der Alltag von DINOS sieht so aus: Morgens hetzen sie aus dem Haus, nachdem sie sich vorher flüchtig geküsst haben. Dann verbringen sie den Tag bis spät abends bei ihren – sehr, sehr wichtigen! – Tätigkeiten. Er arbeitet heute nur bis 21 Uhr, ihr letzter Termin dagegen geht dann noch eine Stunde.

Das Sofa ist die tägliche Konstante der Beziehung von DINOS. Dort finden sich beide völlig erschöpft von ihrem Tag ein. Gibt es bei der Arbeit ein „sehr wichtiges Projekt“ (und das ist oft der Fall), dann schreiben die beiden dort spätabends noch ihre letzten Mails. Und dann geht es ab ins Bett.

Und dort passiert – gar nichts. Klar. Nach so einem Tag!

 

 

Alles ist wichtiger als die Sexualität

DINOS haben aus einem ganz einfach Grund keinen Sex mehr: Sie haben schlicht keine Zeit für die Liebe. Weil alles andere wichtiger ist. Die Arbeit steht bei ihnen ohnehin an allererster Stelle. Sie geht immer und in jedem Fall vor. Aber auch am Wochenende klappt es nicht mit dem Sex – denn nun wollen sie alles nachholen, wozu sie unter der Woche nicht gekommen sind. Die Freunde beschweren sich schon. Der Körper auch – er jammert nach Bewegung. Und wie die Wohnung erst aussieht!

Am Wochenende wird also die Wohnung geputzt, eingekauft und Sport gemacht. Es werden Freunde getroffen und abends wird ein Rock-Konzert besucht. Ein Wochenende ist schnell vorbei, zumal beide noch ein paar Stündchen brauchen, um für die Woche vorzuarbeiten. Auf dem Sofa.

So ein Beziehungsmodell rächt sich nach einigen Jahren. Kein Sex lässt die Beziehung für eine Weile auf Sparflamme weiterlaufen. Auf Dauer aber ist kein Sex auch keine Lösung. Einer der beiden verliebt sich in jemand anderen. Die Leidenschaft – sie fehlte eben doch.

Und wie sieht es bei Paaren mit Kindern aus?

Oft nicht viel besser. Wieso auch? Hier ist ja noch mehr los als bei den DINOS. Ein Paar mit kleinen Kindern hat unentwegt Stress. Mal ist ein Kind krank und einer – zumeist die Frau – muss zuhause bleiben. Mal fordern die Berufe alle Kräfte, mal werden Eltern krank und brauchen Hilfe. Und dann gibt es immerzu eine unendlich lange To-do-Liste.

Forscher haben solche Paare in der amerikanischen Metropole Los Angeles für eine Weile begleitet. Dabei kamen sie zu einem ernüchternden Ergebnis: Viele dieser Paare sprachen in einer Woche gerade einmal fünf Minuten lang über persönliche Dinge miteinander. Natürlich reden diese Paare miteinander. Sie klären wer den Einkauf macht und wer Lucia zum Flötenunterricht fährt. Aber darüber wie es ihnen geht und was sie gerade beschäftig, darüber sprechen sie kaum. Fünf Minuten in der Woche eben.

Fünf Minuten!

Gut möglich, dass Sie sich das gar nicht vorstellen können. Man kann doch kein Paar sein, wenn man sich nur fünf Minuten Zeit nimmt füreinander! Ich sehe das genauso. Unglückliche Paare, wie ich sie in der Beratung zu sehen bekomme, leben oft so. Ihr Unglück wundert mich nicht. Sie nehmen sich schlicht keine Zeit mehr für die Liebe.

 

 

Dabei war vom Smartphone, das stets und ständig die Aufmerksamkeit auf sich zieht – und weg vom Partner oder der Partnerin – jetzt noch gar nicht die Rede. Auch das Smartphone reduziert die Zeit, die Paare sich für sich und ihre Liebe nehmen. Darüber habe ich hier auf herzenssache ja schon mal geschrieben.

Kaum persönliche Gespräche, immer ist alles andere wichtiger – manche Paare halten das alles für völlig normal. Sie kommen gar nicht auf die Idee, dass hinter ihren nervenaufreibenden Streits oder der lustlos gewordenen Sexualität ein ganz einfacher Grund liegt: Sie brauchen mehr Zeit miteinander. Und füreinander. Sie sind viel zu selten füreinander da, interessieren sich kaum für den Anderen und für sein Leben.

Bei anderen Paaren aber fehlt einem von beiden schon lange etwas – zumeist der Frau. Sie fühlt sich nicht mehr richtig verbunden mit ihrem Partner. Oft fehlt ihr vor allem das Gespräch.

 

„Ach was war das schön, als du in Stanford warst und ich in Hamburg“, sagt die 37-jährige Marianne, Mutter von zwei Kindern, in der Beratung zu ihrem Mann Ralf. Ralf ist verdutzt. Was war so schön an „Stanford und Hamburg“? Ihm hat das damals gar nicht gefallen.

Marianne gibt die Antwort: „Wir haben jeden Tag eine Stunde über Skype miteinander gesprochen!“

Ihr fehlt vor allem das Gespräch. Das gibt es jetzt kaum noch. Anderes ist wichtiger. Ihm die Arbeit. Ihr die Kinder. Beiden ihre Hobbys und Freunde.

Zeit für die Liebe

Glückliche Paare machen es anders. Glückliche Paare machen die Partnerschaft zu ihrer Priorität. Die Liebe steht auf Platz eins, nicht immer, aber oft.

Wie geht es dir heute? Was hat dich beschäftigt? Wie war dein Tag?

Glückliche Paare interessieren sich füreinander. Sie wissen immer wie es dem anderen gerade geht. Und sie wissen, was ihn beschäftigt. Ohne dieses Gespräch über den Tag entfernt sich ein Paar schnell voneinander.

Zeit für Sexualität

Glückliche Paare machen auch die partnerschaftliche Sexualität zu einer Priorität. Nein, Sex ist keine Selbstverständlichkeit, wenn wir stets unter beruflicher Anspannung stehen oder wenn Eltern mit kleinen Kindern dauerhaft an Übermüdung leiden.

Der Körper sendet unter diesen Umständen keine spontanen erotischen Impulse mehr. Wir haben also keine spontane Lust mehr auf den Anderen. Da hilft:

*Yoga

*eine heiße Badewanne

*Sport

*ein Spaziergang

Oder wir verabreden uns einfach zur Sexualität. Oder zum Kuscheln. Liegt ein Paar erst einmal nackt aneinander gekuschelt im Bett und fängt an sich zu streicheln – dann kommt in vielen Fällen auch die Lust. „Die Lust kommt beim Tun“ heißt dieses Vorgehen.

Klingt nicht sexy? Kann sein. Aber es hilft – und darauf kommt es an.

Verabredungen zum Kuscheln führen sehr oft dazu, dass ein Paar trotz Übermüdung und trotz Stress Sex hat. Und sich gut dabei fühlt. Und spürt: Kein Sex ist auch keine Lösung.

 

Mehr sehen

Die DVD zum Vortrag „Keine Zeit für die Liebe“ in Stuttgart (8. Dezember 2017) gibt es beim Auditorium Netzwerk zu kaufen. Es gibt auch einen Sofort-Download.

Mehr lesen

Christoph Joseph Ahlers: Himmel auf Erden & Hölle im Kopf. Was Sexualität für uns bedeutet.