Die Liebesblogger

Er sagt nie „Ich liebe dich“

Ich bin seit drei Jahren mit meinem neuen Partner zusammen. Nach drei Monaten hat er zu mir gesagt „Ich liebe dich.“ Das war sehr romantisch, denn eigentlich ist er eher der rationale Typ. Aber dann hat er ergänzt, dass er das nur ein Mal zu mir sagt. Und dann nie wieder. Ein Mal müsse reichen. Ich habe das damals für einen Scherz gehalten. Aber er hält sich tatsächlich an sein Wort. Zu Anfang hat mich das nicht so gestört, aber mittlerweile geht es mir doch ziemlich auf die Nerven.

 

Sie haben für die Art Ihres Partners ein ausgesprochen beschönigendes Wort gewählt, wenn Sie sagen, er sei der rationale Typ. Ich halte sein Verhalten nicht für rational, sondern für gefühlskalt. Und ich fürchte, dass diese Kälte immer mehr in Ihre Beziehung Einzug halten wird.

Fangen wir mit der Rationalität an. Beziehungen leben von Bestätigung. Wir müssen dem Partner, der Partnerin unablässig mit Anerkennung, Wertschätzung und Respekt begegnen. Das ist Stand der Forschung und es gilt für alle Formen von zwischenmenschlichen Beziehungen. Beziehungen zu Freunden, zu Eltern, zu Kindern. Und eben auch zu Partnern. Ihr Partner weiß nichts von diesen Forschungen und wird vermutlich auch nichts von ihnen halten. Rational ist das nicht, die Forschung zu ignorieren.

Kommen wir zu den Folgen. Es sind leider immer wieder die gleichen. Bleibt in einer Beziehung die positive Zuwendung aus, dann geht sie einen schweren Gang. Es muss ja nicht immer gleich das große Geständnis „Ich liebe dich“ sein. Umarmungen helfen auch. Küsse ebenso. Auch Zuhören, Nachfragen und Interesse sind wichtig. Der Mann der sich weigert mehr als ein Mal „Ich liebe dich“ zu sagen ist in der Regel auch mit anderen Formen der Zuwendung sehr sparsam. Er hält sie nicht für nötig – und die Frau an seiner Seite verhungert emotional. Sie gehen also möglicherweise einen schweren Weg.

 

„Das ist ja schrecklich, denn dann müssen wir uns jetzt trennen. Ich brauche das regelmäßig.“

 

Die allermeisten Menschen brauchen Liebesbeweise regelmäßig. Kommen Männer aus sehr lieblosen Familien, haben sie zudem noch sehr viele Hollywoodfilme (Action!) geschaut mit starken Helden, dann kommen sie sehr leicht zu Ansichten wie Ihr Partner sie hat. Ich berate unablässig Frauen, deren Männer sich so verhalten wie der Ihrige.

Ein Teil dieser Frauen will die Ehe immer noch retten, ein anderer Teil ist so frustriert, dass sie schon lange den werbenden Worten des netten neuen Kollegen nachgegeben haben, der sie seither über WhatsApp mit einem steten Strom an Anerkennung, Wertschätzung, an Komplimenten und an „Ich liebe dich“ versorgt.

Ich hätte Ihnen bei seinem Liebesgeständnis nach drei Monaten nicht dazu geraten, das romantisch zu finden. Ich hätte Ihnen geraten erschüttert in Tränen auszubrechen und zu ihm zu sagen: „Das ist ja schrecklich, denn dann müssen wir uns jetzt trennen. Ich brauche das regelmäßig.“ Möglicherweise ist es dazu auch jetzt noch nicht zu spät.

Ich habe schon vielen Frauen geraten, ihren Männern klar zu sagen, dass ein so liebloser Umgang für sie nicht geht. Sie alle haben einfach nur darauf bestanden, dass sie das brauchen und haben darauf verzichtet, ihn zu kritisieren. Der Kernsatz heißt „Mir zuliebe“. Ein großer Teil der Männer hat ihr Verhalten daraufhin verändert. Ihr zuliebe.

 

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3 Kommentare

  1. Clara M.

    Problem erkannt- wie die Gefahr (des Betruges gebannt)?
    Aus der emotionalen Sättigung durch den „ Arbeitskollegen“ wird körperliche Anziehung und Ehegefährdung. Mit welchem Werkzeug kann der nachlässige Gatte zu mehr Hinwendung bewegt werden, wenn Gespräche- Bitten, aufmerksam machen auf die Situation, Wünsche nach mehr Zuwendung ungehört verhallen?

    • Christian Thiel

      Sie haben es ja gemerkt: Ich bin dafür, dass die Frau bei der Ansage „Ich sage das nur ein Mal“ umgehend in Tränen ausbricht und klarstellt, dass sie die Beziehung dann nicht weiterführen kann und will. Weil es nicht geht.
      Wenn sich Lieblosigkeit über Jahre hinweg entwickelt hat liegt der Fall etwas anders. Dann hilft oft nur eine Paarberatung. Aber auch dann hilft in vielen Fällen vor allem die klare Ansage: Dann gehe ich.
      Ich habe schon Dutzende von Beziehungen erlebt, in denen erst diese Ansage der Frau den Mann in Bewegung gebracht hat. All das Gerede zuvor hat er nicht ernst genommen.

  2. Vivi

    Danke für den Hinweis auf schlechte Vorbilder in Actionfilmen. Das ist schlüssig, und erklärt einiges…
    Mein Ex war zwar „eigentlich“ sehr anhänglich, und hat mir, wenn wir zu zweit waren, beteuert, dass er mich will und braucht — hat mich aber ausgerechnet in Gegenwart anderer immer wieder herablassend behandelt.
    Eine starke Frau an seiner Seite, auf die er stolz wäre, schien es in seinem Weltbild nicht zu geben. Vielmehr schien er eine Bindung als Niederlage zu betrachten, die er nach außen lieber verleugnet.
    Da er aus einem sehr traditionellen Umfeld stammt, in dem es außer ihm praktisch keine ledigen oder geschiedenen gibt, und beständige Ehen die Regel sind, ist ein Einfluss medialer Traumwelten sehr wahrscheinlich.

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