Ich (47) habe meinen neuen Partner vor neun Monaten über Tinder kennengelernt. Wir haben uns nach drei Wochen chatten zum ersten Mal getroffen. Es war ein wunderschöner Tag mit Kaffee und Spazierengehen und wir waren uns sofort sympathisch. Er hat mich nach dem Treffen zu meinem Auto begleitet und wir haben uns da zum ersten Mal geküsst. Es war wirklich wie Liebe auf den ersten Blick, so als würden wir uns schon ewig kennen, eine ganz unerwartete Vertrautheit.
Ich war zum Zeitpunkt unseres Kennenlernens seit 1,5 Jahren von meinem Exmann getrennt, wir waren 18 Jahre zusammen. Er ist genauso lang getrennt wie ich, aber er war derjenige der verlassen wurde. Er war 25 Jahre mit seiner Frau zusammen und sie hat sich von ihm getrennt und kurze Zeit später hatte sie einen neuen Partner. Sie haben aber die ganze Zeit zusammengewohnt, auch zum Zeitpunkt, als wir uns kennenlernten und übrigens auch in einem Bett geschlafen, was er mir aber zu dem Zeitpunkt verschwiegen hat. Seit ich das weiß, ist mein Vertrauen in ihn erschüttert. Erst vor zwei Wochen, nach neun Monaten die wir zusammen sind, hat er mir das erzählt. Seither frage ich mich, ob ich das mit ihm fortsetzen kann und fortsetzen will.
Mich macht schon hellhörig, dass sie sich über Tinder kennengelernt haben. Für die seriöse Partnersuche ist Tinder nur sehr schlecht geeignet. Für erotische Begegnungen hingegen schon. Sie treffen dort auf Männer, die ich gerne die „Null-Euro-Männer“ nenne, Männer also, die Null Euro für die Partnersuche ausgeben wollen. Ich rate ab.
Hinzu kommt ein zweites Problem: Drei Wochen Chatten vor dem ersten Date halten viele Menschen heute für schrecklich romantisch. Ich nicht. Erstens besteht die Gefahr, dass Sie sich in seine Nachrichten verlieben und schon beschwingt und voller romantischer Gefühle zum ersten Date erscheinen. So scheint es auch Ihnen ergangen zu sein.
Dann unterbleibt natürlich das genaue Hinschauen und Prüfen – mit der logischen Folge, dass sie erst nach vielen Monaten genauer hinschauen und sich fragen: Will ich das wirklich?
Es ist viel leichter, schriftlich die Unwahrheit oder Halbwahrheit zu erzählen, als in einer persönlichen Begegnung
Es gibt noch einen zweiten Nachteil von „drei Wochen chatten“. Sollte es sich bei ihm um einen Lügner handeln, dann wird er ihnen seine Unwahrheiten, Halbwahrheiten oder auch dreisten Lügen im Verlauf dieser drei Wochen schreiben. Es ist viel leichter, schriftlich die Unwahrheit oder Halbwahrheit zu erzählen, als in einer persönlichen Begegnung. Und es ist viel einfacher, Unwahrheiten oder auch nur Ungereimtheiten bei einer persönlichen Begegnung zu erkennen. Deshalb setzen viele die etwas zu verbergen haben auf „drei Wochen chatten“.
Sie merken schon, Ihr neuer Partner hat bei mir keine große Sympathie ausgelöst. Das liegt aber auch an einem weiteren Punkt, den sie so nebenbei erzählen. Er ist – angeblich – seit 18 Monaten getrennt, als Sie ihn kennenlernen. Aber er wohnt noch mit seiner Ex zusammen, die ihn vermutlich schon in der Ehe betrogen hat, denn anders kann ich mir den neuen Mann an ihrer Seite kurz nach der Trennung nur schwer erklären.
Und ihr neuer Partner bleibt trotzdem 18 Monate lang bei ihr wohnen? Sorry, aber an der Geschichte stimmt etwas nicht. Entweder das mit den 18 Monaten die er getrennt ist ist eine weitere Lüge. Kann sein. Oder aber es ist keine Lüge und dieser Mann ist der erste Mann von dem ich höre, der nach einer Trennung nicht umgehend für getrennte Wohnungen sorgt. Stattdessen teilt der mit der Frau die schon lange einen anderen hat weiterhin Tisch und wie Sie jetzt wissen auch das Bett. Ganz ehrlich: Ich habe so etwas noch nie gehört.
Bei der Partnersuche müssen wir sehr genau hinschauen, wem wir unser Herz anvertrauen – und wem nicht
Kommen wir zu Ihnen und damit zu der Frage, warum Sie es für normal halten, dass ein Mann nach 18 Monaten noch mit seiner Ex zusammen wohnt. Mir hat sich das nicht erschlossen. Er ist in meinen Augen nicht wirklich getrennt, wenn er noch mit ihr zusammen wohnt. Und mir fällt noch etwas auf: Sie wussten, dass er mit ihr zusammenlebt. Haben Sie ihn nie gefragt, wo er schläft?
In meinen Augen war Ihr Kennenlernen so etwas wie ein Blindflug. Sie waren auf einem Portal für Casual Sex unterwegs, haben dabei einen Mann kennengelernt, den Sie bereits nach wenigen Stunden knutschend auf dem Parkplatz verabschieden – und sind dann neun Monate später entsetzt, was er ihnen verheimlicht hat. Sie fühlen sich möglicherweise verraten oder betrogen von ihm. Was stimmt. Ich frage mich allerdings, warum Sie sich haben betrügen lassen. Bei der Partnersuche müssen wir sehr genau hinschauen, wem wir unser Herz anvertrauen. Und wem nicht. Sonst kann es Schaden nehmen.
Es ist nicht eben wahrscheinlich, dass Sie mit diesem Mann zusammenbleiben. Das hat mit der geringen Neigung Ihres Partners zu tun, beizeiten die Wahrheit zu sagen. Das hat aber auch mit Ihrer Bereitschaft zu tun, ihm die richtigen Fragen überhaupt beizeiten zu stellen. Schauen Sie beim nächsten Mal bitte genauer hin – sehr viel genauer.
Mehr wissen
Der nächste Online-Workshop „Wer passt zu mir?“ startet im Januar. Hier kommen die Fakten:
23. Januar
Online-Workshop: „Wer passt zu mir? Wie Sie den Partner finden, der wirklich zu Ihnen passt.“
Vom 23. Januar bis zum 27. März.
Kosten: 98 €
Es gibt keine Präsenzzeiten oder Zoom-Calls. So sind Sie zeitlich völlig flexibel bei der Teilnahme. Mehr Informationen zu diesem Workshop finden Sie hier.
Anmeldung: post@singleberater.de
Schreibe einen Kommentar