Es wird immer von Affären der Männerwelt gesprochen. Mir fehlt ein bisschen die Meinung zur umgekehrten Seite. Ich bin 26 Jahre alt und seit 8 Jahren mit meinem Freund zusammen. Wir leben seit 3 Jahren zusammen und kennen uns schon unser ganzes Leben lang. Im Alltag harmonieren wir perfekt. Haushalt, Urlaube alles kein Thema. Sexuell war ich vor einem Jahr noch sehr unzufrieden. Zu diesem Zeitpunkt habe ich auch einen früheren Freund getroffen, mit dem mich mein Hobby verbindet. Wir haben uns auf Anhieb sehr gut verstanden und ich habe schlussendlich auch mehr zugelassen und bin eine Affäre eingegangen. Wobei er wusste, dass ich vergeben bin. Er hatte sich zu diesem Zeitpunkt von seiner Freundin getrennt.
Meine Lebenskrise hat zu diesem Zeitpunkt so richtig begonnen. Ich habe mich nach langem hin und her dennoch für meine Beziehung entschieden. Bis wir uns zufällig im August über den Weg gelaufen sind. Seither hatten wir wieder regelmäßig Kontakt und haben unsere Affäre wieder aufleben lassen. Hinzukommt, dass mir mein Freund endlich den lang ersehnten Heiratsantrag machte, worüber ich mich schlussendlich nicht sehr freute aus schlechtem Gewissen. Mit Jahresende wollte ich mich definitiv entscheiden. Ich habe mich nun erneut für meine Beziehung entschieden und hadere sehr mit meinen Gefühlen zu meiner Affäre. Ich versuche mich seit einem Jahr nun selbst zu finden und bin am Ende meiner Kräfte.
Ich kann mich nicht erinnern, jemals gesagt zu haben, dass nur Männer fremd gehen. Es gehört allerdings zu den Stereotypen unserer Kultur, so zu denken. Schon die Logik gebietet, das nicht zu glauben. Mit wem gehen denn all diese Männer fremd? Mit Frauen! Und die meisten von denen sind ebenfalls gebunden.
Der Grund, warum wir an das Fremdgehen des Mannes glauben, sind althergebrachte Ansichten über die menschliche Sexualität. Männer brauchen Sex (Frauen nicht). Sorry, aber müssen wir so einen Unsinn heute noch glauben? Männer müssen ihren Samen streuen (Frauen denken eher daran, dass sie schwanger werden könnten). Auch nicht viel besser.
Sex dient der Bindung
In Wahrheit verhält es sich schlicht so: Der Sex dient beim Menschen der Bindung an den Anderen. Ist die Sexualität selten oder ist sie schlecht, dann zeigt das vor allem eines: Die Bindung eines Paares aneinander ist schlechter geworden. Das ist schon alles. Es geht also in erster Linie nicht um den Sex, sondern um die Gefühle der Beteiligten.
Das ist bei Ihnen ganz offenkundig der Fall. Eines kann ich deshalb jetzt schon sagen: Sie sollten nur heiraten, wenn Sie ein klares „Ja“ zu diesem Schritt spüren. Das ist bei Ihnen eindeutig nicht der Fall. Es hilft nicht, dass Sie sich unter Druck setzen, sich „entscheiden“ zu müssen. Ihre Ambivalenz hat einen guten Grund. Den müssen Sie herausfinden.
Noch ein Zweites lässt sich feststellen: Untreue ist schrecklich. Ich muss an dieser Stelle nicht moralisch argumentieren und Ihnen erklären, dass das was Sie tun schrecklich für Ihren Partner ist (wenn er es erfährt). Es reicht darauf zu achten, wie Sie sich fühlen. Sie fühlen sich schlecht, sprechen gar von einer Lebenskrise. Das meine ich mit dem Satz: Untreu ist schrecklich.
Untreue führt zu innerer Zerrissenheit
Dabei fühlt sich Untreue zu Beginn oft noch ganz gut an. Wir vermissen Aufmerksamkeit, Anerkennung und Wertschätzung in der Beziehung – und freuen uns, wenn wir sie von einem außenstehenden Dritten bekommen. Das Herz hüpft.
Auf mittlere Sicht führt das allerdings nahezu immer zu Problemen. Es führt zur Zerrissenheit. Wie bei Ihnen. Ihr Herz hat keine Heimat mehr. Es schwankt hin und her zwischen zwei Männern. Zwei Männer sind weniger als einer, heißt die Regel. Das ist anstrengend und nervenaufreibend. Manchmal ist es so nervenaufreibend, dass Menschen durch die Untreue in tiefe Lebenskrisen geraten.
Auch wenn Sie die Affäre nicht missen wollen, meine Schlussfolgerung ist eine andere: Sie haben sich durch die Untreue massiv geschadet. In diesem Sinne ist Untreue übrigens tatsächlich unmoralisch. Moralisch ist, was dem Menschen nutzt. Die Untreue nutzt Ihnen nicht – sie kann Sie emotional sogar noch deutlich tiefer führen als derzeit.
Sie müssen herausfinden, was Sie sich wünschen
Was können Sie nun tun? Zunächst einmal sollten Sie sich klar machen, dass Sie aus einem ganz einfachen Grund an Ihrer Beziehung zweifeln. Sie bekommen in ihr nicht das, was sich Ihr Gefühlsleben dringend wünscht. Möglicherweise wissen Sie gar nicht, was Sie in der Partnerschaft vermissen. Möglicherweise setzen Sie sich nicht genug für das ein, was Sie brauchen. Möglicherweise ist Ihr Partner nicht die Sorte Mann, die ohne Probleme erahnen kann, was Sie brauchen. Das ist allerdings auch schwer. Ich will ihm da gar keinen Vorwurf machen. Er gibt vermutlich sein Bestes.
Ihnen hilft ein Wechsel der Beziehung vermutlich nicht weiter. Sie müssen herausfinden, was Sie sich wünschen und wie Sie lernen können, das in einer Beziehung auch einzufordern. Fordern klingt ein wenig zu hart, finde ich. Vielleicht reicht ja das Wort wünschen. Sie wünschen sich etwas. Sie wünschen es sich ganz intensiv. Weil Ihr Gefühlsleben sonst nicht glücklich ist. Und genau das sollte Ihr Partner wissen.
Das Problem liegt bei Untreue nur ab und an auch im Bereich der Sexualität selber. Es sind in der Hauptsache unsere Gefühle, die uns in die Arme einer oder eines Anderen treiben. Dort spielt die Musik. Finden Sie also bitte heraus, warum ihr Gefühlsleben so unglücklich ist – in der bestehenden Beziehung.
Wer sich gerne noch für den Schnellkurs „Liebe, Sex und Partnerschaft“ mit den kurzen Videos von Peter Michalik anmelden möchte, der kann das gerne tun. Sie bekommen vier Wochen lange jeden Tag eine Mail. Die Videos sind wirklich sehr kurz, also im TikTok-Format. Den Button ändern wir noch:
Was mir an der Mailschreiberin auffällt sind zwei Sachen: zum einen übernimmt sie keine Verantwortung für ihr Handeln. Sie schreibt: „Ich habe mehr zugelassen und bin eine Affäre eingegangen, wobei er wusste, dass ich vergeben bin“. Diese passiven Formulierungen und der Vorwurf an ihn, dass er doch wusste, dass sie vergeben ist und sie trotzdem angebaggert hat, sprechen nicht für Verantwortungsübernahme. Auch dass es der Zufall war, der die Affäre wieder hat aufleben lassen… Nein! Sie hat entschieden, dass es zur Affäre kam, sie wollte das. Wenn sie jedesmal nein gesagt hätte, gäbe es keine Affäre!
Sie sollte mit 26 endlich lernen, Verantwortung für ihr Handeln zu übernehmen, das wirkt alles sehr kindlich auf mich.
Zum anderen: wenn die Affäre jetzt schon so lange läuft und sie sich nicht entscheiden kann, dann ist keiner der beiden der Richtige! Ihren Freund, den sie betrügt, liebt sie nicht, sonst würde sie ihn nicht betrügen, und für die Affäre kann sie sich auch nicht entscheiden, da ist die Basis sowieso verkorkst, ein richtiges Kennenlernen und ehrliches Verlieben konnte nie passieren ob der Heimlichkeit.
Ich würde ihr raten, sich von beiden zu trennen und wie Christian sagt, erst einmal herauszufinden, WAS sie eigentlich will, bevor sie sich fragt, WEN sie will.