In jeder Beziehung kommt es irgendwann zu Interessenskonflikten. Sehr früh im Leben hat jeder Mensch  einen Weg entwickelt, damit umzugehen. Je nachdem, wie die Eltern und andere wichtige Menschen der Umgebung reagiert haben, waren bestimmte Verhaltensweisen erfolgreicher als andere. Quengeln, weinen, diskutieren, Vorwürfe … was sich bewährt hat, wird beibehalten. Sogar, wenn im Erwachsenenalter diese Konfliktlösungsstrategie schon lange nicht mehr passt oder gar zu Problemen führt.

 

Die drei Streittypen

Grob gesprochen gibt es drei Streittypen:

1. die harmonischen Vermeider. Sie streiten nicht gern und reden über schwierige Themen möglichst kurz. Schlimmstenfalls stimmen sie überein, dass sie sich in dieser Frage nicht einig sind.

Vorteile dieses Typs: Man geht freundlich miteinander um und versucht, den anderen nicht zu verletzen. Kleinere Konflikte lösen sich of von allein, und manche Dinge kann man einfach stehen lassen, ohne, dass das die Beziehung beeinträchtigt. Im Gegenteil. Es gibt Probleme, die werden schlimmer durch unergiebige Diskussionen.

Nachteile: Es gibt Konflikte, über die man sich irgendwann einigen muss. Zum Beispiel, wenn in einer Partnerschaft einer ein Kind möchte und der andere nicht. Das Thema vermeiden oder gar auszusitzen wird über kurz oder lang auf der anderen Seite zu Misstrauen oder gar Feindseligkeit führen

2. die verständnisvollen Verhandler. Sie diskutieren lange und ausgiebig. Sie suchen nach einer fairen Lösung und tauschen sich dafür über ihre Argumente, Standpunkte und Befindlichkeiten aus. Wenn es hitzig wird, versuchen Sie wieder etwas Sachlichkeit in die Auseinandersetzung zu bringen.

Vorteile: Das Bemühen um Sachlichkeit und das Abwägen von Argumenten ermöglicht hervorragende Klärungen bei Sachfragen. Der Versuch, ein Gespräch wieder in ruhigeres Fahrwasser zu bringen, ist ein wertvoller Beitrag für die Lösungssuche. Treffen zwei verständnisvolle Verhandler aufeinander, dann gehen beide häufig sehr zufrieden aus ihrem Austausch. Sie erlebten ihn bereichernd – selbst, wenn der Konflikt nocht nicht aufgelöst werden konnte.

Nachteile: viele Konflikte entstehen, weil beide Seite gute und nachvollziehbare Argumente haben. In dem Moment, in dem die andere Seite meinen Standpunkt verstanden hat – aber mit den Konsequenzen nicht einverstanden ist, besteht die Gefahr, dass man sich in unerfreulichen Diskussionsschleifen wiederfindet. Jeder wiederholt seinen Standpunkt, die Anspannung steigt und die Stimmen werden lauter. Viele Beziehungskonflikte lassen sich auf der Sachebene nicht lösen

3. die leidenschaftlichen Verfechter. Sie streiten laut und ausgiebig um jede Kleinigkeit. Doch anschließend versöhnen sie sich genauso intensiv, wie sie vorher gestritten haben.

Vorteil: Niemand macht aus seinem Herzen eine Mördergrube. Jeder weiß, wo er beim anderen dran ist. Im Streit hat man intensiven Kontakt miteinander, der sich durch die Versöhnung noch verstärkt.

Nachteil: Ist ein Konflikt nicht lösbar, oder wurden im Eifer des Gefechts Schläge unter die Gürtellinie ausgeteilt, bleibt die Versöhnung unvollständig oder ganz aus. Und dann wird die Stimmung sehr schnell feindselig oder gar zerstörerisch
Richtig schwierig wird es, wenn verschiedenen Streittypen aufeinander treffen. Während der eine leidenschaftlich seinen Ärger ausdrücken will, steigt beim Gegenüber die Spannung ins Unerträgliche. Appelle, doch ruhig und sachlich zu bleiben werden von Typ drei als Abkanzeln empfunden und sorgen dafür, dass die Wut und Bereitschaft zur Verletzung immer größer wird.

Deeskalieren ist möglich. Allerdings muss man es wollen

Egal mit wem man zu tun hat: solange es einem gelingt, sich selbst zu beruhigen, kann man sein eigenes Repertoire an Streitverhalten erweitern.

Man kann einem leidenschaftlichen Verfechter die Zeit geben, sich aufzuregen und anschließen darum bitten, gemeinsam nach einer Lösung zu suchen. Man kann auch einen harmonischen Vermeider verständnisvoll zeigen, dass man versteht, wie unangenehm es ihm ist, über diesen Konflikt zu sprechen. Aber je schneller und erfolgreicher die Situation geklärt ist, desto schneller wird es ja auch wieder harmonisch. Man kann dem verständnisvollen Verhandler voller Mitgefühl sagen, dass man sein Bemühen um Sachlichkeit schätzt, aber in diesem Fall Argumente nicht weiterhelfen. Und man kann alle drei Typen einladen, gemeinsam mit einem eine gute Lösung zu suchen. Oder einen guten Umgang für unlösbare Probleme.

Dafür ist es gut, sich selbst immer wieder zu erinnern, dass es nicht darum geht, wer sich gegen den anderen durchsetzt. Sondern dass es darum geht, eine Lösung zu finden, mit der beide Seiten gut leben können.

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