Ich habe da mal eine Frage: Wir sind vier Jahre zusammen, streiten manchmal, oft ist es sehr still zwischen uns. Wie erkenne ich, ob es Liebe oder Gewohnheit ist?

Würde es denn einen Unterschied machen, wenn es statt Liebe Gewohnheit wäre? Oder würde es die Gewohnheiten durcheinander bringen, wenn es immer noch Liebe ist? Und würden Sie sich die Frage überhaupt stellen, wenn Sie zufrieden damit sind, wie es ist – ganz gleich was Sie mit Ihrem Liebsten (oder Ihrer Liebsten) verbindet? Oder ist etwa genau das Fehlen von Wünschen so schwierig für Sie?

Darf man die warme Nachmittagssonne einer in die Jahre gekommenen Liebesbeziehung genießen, in der die Aufregungen und Erregung der Anfangszeit nachgelassen haben? Das widerspricht schließlich jedem Klischee von romantischer Liebe. Und es würde darüber hinaus bedeuten, sich von der Idee zu verabschieden, eine lebendige Liebesbeziehung sei von leidenschaftlichen Gefühlen bis ins hohe Alter begleitet. Stattdessen freut man sich vielleicht mit dem Partner an dem frisch angerichtetes Essen beim Lieblingsitaliener. Soll das wirklich schon alles gewesen sein?

Die Antwort auf diese Frage kann ich Ihnen nicht abnehmen. Wie viel Aufregung Sie für Ihr Leben brauchen, und wie viel davon Sie in Ihrer Beziehung suchen und finden wollen, müssen Sie selbst wissen. Sich mit dem Lebensgefährten wohl und sicher zu fühlen, ist ein Zustand, den viele ersehnen und nicht alle erreichen. Wer hindert Sie, die Gewohnheit, und mit ihr den Partner zu lieben? Sie wären schön dumm, sich zu trennen, nur weil Magazine, Freundinnen und andere wohlmeinende Ratgeber Ihnen erfüllte Intimität in der Liebe verheißen, gepaart mit Leidenschaft und Sex bis ins hohe Alter, der ja so gesund sein soll.

Vergessen Sie den Quatsch. Geht es Ihnen gut? Oder fehlt Ihnen wirklich etwas? Und wenn Ihnen intensiver Kontakt zum Partner außerhalb des Streitens fehlt, dann hören Sie auf zu seufzen, sondern stellen Sie diesen Kontakt wieder her. Aktiv. Wenn das nicht geht, lohnt es sich zu fragen, ob Sie Ihren Frieden damit machen können. Weil vielleicht die Alltagsgewohnheiten verbinden und gut tun. Wenn nicht, sind Sie auch klüger. Sie haben vielleicht immer noch keine Antwort auf die theoretische Frage, ob es Liebe oder Gewohnheit ist. Aber Sie wissen, ob Sie bleiben wollen oder nicht. Und das zählt.

 

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